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«Bel’Espérance», zu Deutsch: schöne Hoffnung. So lautete der Name dieses imposanten Gebäudes in der Altstadt von Genf schon lange. Doch nun bekommt dieser Name eine völlig neue Bedeutung: Das «Bel’Espérance» wird zu einem Ort der neuen Hoffnung für vulnerable Frauen.
Seit 1996 hatte die Heilsarmee das Gebäude, das nicht weit von der Genfer Kathedrale Saint-Pierre liegt, als erfolgreiches Touristenhotel geführt. Mit dem Gewinn aus dem Hotelbrieb finanzierte die christliche Organisation soziale Projekte. Mit der Pandemie endete der kommerzielle Hotelbetrieb. Als die Touristen plötzlich ausblieben, brachte die Heilsarmee vorübergehend obdachlose Menschen im Hotel unter. Später folgten Flüchtlinge aus der Ukraine. Doch jetzt hat die Heilsarmee beschlossen, das ehemalige Hotel endgültig in eine neue soziale Einrichtung umzuwandeln – ausschließlich für Frauen.
Damit kehrt das «Bel’Espérance» zu seinen Wurzeln zurück. Denn als die Heilsarmee das sechsstöckige Gebäude im Jahr 1932 errichtete, war im oberen Teil bereits ein «Foyer de la femme» untergebracht. Eine riesige Steinplatte an der Fassade zeugt noch heute davon.
Mit der Umwendung in eine soziale Institution reagiert die Heilsarmee auf eine wachsende soziale Notlage: Seit zwei bis drei Jahren stellt die Organisation fest, dass die Zahl der Menschen ohne Dach über dem Kopf in Genf, aber auch in den meisten anderen Schweizer Städten steigt.
Mit dem neuen Konzept schafft die Heilsarmee 51 zusätzliche Plätze für vulnerable Frauen. 30 Plätze sind für obdachlose Frauen reserviert, deren Aufenthalt von den Genfer Gemeinden im Rahmen des kantonalen Gesetzes über die Hilfe für Obdachlose (LAPSA) finanziert wird. Die verbleibenden 21 Plätze werden von 19 Frauen und 2 Kindern belegt, deren Aufenthalt vom Hospice général des Kantons Genf, das heisst von der Sozialhilfe, bezahlt wird.
Zusätzlich zu den öffentlichen Geldern hat die Heilsarmee auch beträchtliche Eigenmittel aus Spenden in das «Bel’Espérance» investiert, rund 400’000 Franken im Jahr 2024.
«Unser Haus bietet den Frauen die Möglichkeit, sich zu verpflegen, sich zu waschen und auszuruhen», erklärt Alain Meuwly, der ehemalige Hoteldirektor, der sich nun zum Leiter einer sozialen Einrichtung gewandelt hat. «Solange Frauen und Kinder auf der Straße leben, werden wir kämpfen.»
Das «Bel’Espérance» bietet neben der Unterbringung in Einzel- oder Doppelzimmern auch drei Mahlzeiten pro Tag, Zugang zu einer Wäscherei und vor allem soziale Betreuung durch ein Team von Sozialarbeitern.
Während das «Bel’Espérance» nur Frauen vorbehalten ist, betreibt die Heilsarmee in Genf auch eine entsprechende Einrichtung für Männer: das Wohnheim «Le Passage», das an den Bahngleisen östlich des Bahnhofs Cornavin liegt und 62 Männer und unbegleitete Minderjährige aufnehmen kann. Diese Einrichtung wurde von der Heilsarmee neu erbaut und 2021 eröffnet.
Die Heilsarmee ist eine der größten Sozialhilfeorganisationen der Schweiz und beschäftigt rund 2000 Mitarbeitende. In Genf ist die Organisation seit 1882 vertreten. Neben den beiden Heimen für obdachlose Frauen und Männer betreibt sie in der Stadt das «Centre Espoir», ein Heim für Erwachsene mit psychischen Problemen (122 Plätze), das Altersheim «Résidence Amitié» (52 Plätze), das Brockenhaus Le Lignon, die Essensausgabestelle «Le Phare», ein Sozialbüro, zwei Heilsarmee-Gemeinden sowie weitere Angebote.
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Markus Häfliger kann ein Interview mit dem Direktor Alain Meuwly arrangieren.