In Pakistan leben rund 90 Millionen Menschen in Armut. Ein partizipatives Projekt der Heilsarmee vor Ort, mitgetragen von der internationalen Entwicklung Heilsarmee Schweiz, verbessert die Lebensbedingungen von 11 500 Menschen.
Nisha Haleen (18) hat dank des Heilsarmee-Projekts die Perspektive auf eine bessere Zukunft.
Pakistan ist das Land mit der fünftgrössten Bevölkerung der Welt. Rund 240 Millionen Menschen leben in diesem Staat in Südasien. Das Land ist überwiegend landwirtschaftlich geprägt. Rund 63 Prozent der Bevölkerung leben noch in ländlichen Gebieten.
Lage in Pakistan
Die Bevölkerung Pakistans wächst rasch. Dies geht mit einer schnellen Verstädterung und einer begrenzten Verfügbarkeit von Ressourcen sowie einer Verschlechterung der Lebensqualität für die Bewohnerinnen und Bewohner einher. Auf dem Index der menschlichen Entwicklung (Human Developement Index) liegt Pakistan auf Platz 168 von 193 rangierten Ländern.
Je nach Quelle leben gut 38 Prozent der Bevölkerung in Armut. Dies entspricht rund 90 Millionen Menschen. Die Probleme sind vielfältig: Mangelnder Zugang zu Bildung, Einkommensmöglichkeiten und Gesundheitseinrichtungen betreffen sowohl die Menschen auf dem Land als auch in den Städten.
Ein Leben in Armut
«Das Geld ist knapp in unserer Familie.»
Nisha Haleen
Eine der Betroffenen ist Nisha Haleen (18). Sie lebt mit ihren Eltern und vier Geschwistern in einer Gemeinde nahe der Stadt Sahiwal, rund 200 Kilometer entfernt von Lahore. Die Familie lebt in sehr bescheidenen Verhältnissen. Ihre Mutter ist Hausfrau, ihr Vater stellt Ziegel her. Die Arbeit ist hart und dauert den ganzen Tag. Für 1000 Ziegel erhält er rund fünf US-Dollar.
«Wenn das Wetter gut ist und er ohne Schmerzen arbeiten kann, dann schafft er bis zu 500 Ziegel am Tag. So verdient er etwas mehr als zwei Dollar pro Tag. Damit müssen wir leben», erklärt Nisha. Die Familie teilt sich ein Haus mit zwei Zimmern: eines für die Eltern, eines für Nisha, ihre drei Brüder und ihre Schwester.
«Wir haben zwar meistens zwei Mahlzeiten pro Tag, dennoch bin ich oft noch hungrig. Wir ernähren uns hauptsächlich von Fladenbrot. Reis mag ich am liebsten. Ich hätte auch gern mal ein Stück Fleisch, doch das können wir uns nicht leisten. Das ist einfach zu teuer», erzählt Nisha mit leiser Stimme.
Trotz der ärmlichen Verhältnisse bleibt die Familie optimistisch: «Wir stehen zusammen und unterstützen uns gegenseitig. Klar gibt es auch mal Streitigkeiten unter uns Geschwistern, aber die halten nie lange an», führt Nisha mit einem Lächeln aus und sagt weiter: «Gerade mit meiner Schwester pflege ich ein sehr enges Verhältnis. Wenn ich Probleme habe, vertraue ich ihr meine Sorgen an.»
Früher mussten die Kinder ihrem Vater oft mit den Ziegeln helfen. Ihm war jedoch wichtig, dass sie eine Ausbildung machen können und dadurch eine bessere Perspektive erhalten. So schickte er die Kinder in die Schule. Nisha liest in ihrer Freizeit sehr gern und hat vor Kurzem den Schulabschluss geschafft.
«Das Geld ist knapp in unserer Familie.»
Nisha Haleen
«Nun träume ich von einer Ausbildung als Hebamme.»
Nisha
Nisha ist stolz, dass sie es bereits so weit geschafft hat: «Unsere Familie und Bekannten hier im Dorf unterstützen mich sehr, damit ich meinen Wunsch realisieren kann. Sie haben gespart und zusammengelegt. So könnten wir die Ausbildungskosten bezahlen.»
Hoffnung auf eine bessere Zukunft
Das College für Hebammen, das Nisha besuchen möchte, ist rund 20 Kilometer von ihrem Zuhause entfernt. Der Unterricht findet an sechs Tagen pro Woche statt und dauert fast zwei Jahre. Um dorthin zu kommen, braucht sie eine Transportmöglichkeit. Dafür reicht das gesammelte Geld jedoch nicht.
Nisha und ihr Vater – einer ihrer stärksten Fürsprecher.
«Von der in meiner Gemeinde ansässigen Heilsarmee erfuhr ich vom Projekt zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Menschen wie uns. Mir wurde gesagt, dass unsere Gemeinde selbst Ideen einbringen kann, die durch das Projekt finanziert werden», berichtet Nisha freudig.
Projekt zur Verbesserung der Lebensbedingungen
Das Projekt der Heilsarmee verbessert die Lebensbedingungen von 11 500 Menschen im ganzen Land. Dabei wird ein partizipatorischer Ansatz verfolgt: Die Gemeinden selbst tragen einen gewichtigen Anteil und auch grosse Eigenverantwortung. Das Projekt unterstützt mit verschiedenen Aktivitäten, Massnahmen und Schulungen die Gemeindemitglieder bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Kleinprojekten in und für die Gemeinde.
So wird auf lange Sicht die Kapazität der beteiligten Gemeindemitglieder gestärkt, für sich selbst aufzukommen, Lösungen für unterschiedliche Problemstellungen zu finden, ihre wirtschaftlichen und behördlichen Netzwerke auszubauen und ihre Rechte besser wahrnehmen zu können.
Nishas Vater hat für ihre Ausbildung beim zuständigen Komitee im Dorf vorgesprochen. Und Nisha hatte Glück, da sich ihre Gemeinde sehr für die Ausbildung junger Frauen einsetzt: «Alle fanden den Antrag sinnvoll. Ich war begeistert. Nun erhalten wir jeden Monat das nötige Geld, damit ich die sechs Tage pro Woche mit einer Rikscha ans College und wieder zurückfahren kann. Endlich sehe ich eine Chance. Ich bin für die Möglichkeit, die mir das Projekt bietet, sehr dankbar.»
«Dank dem Heilsarmee-Projekt kann ich Hebamme werden.»
Nisha (18)
Nachdem Nisha ihre Ausbildung abgeschlossen hat, will sie der Gemeinde etwas zurückgeben: «Denn die Menschen hier und das Projekt der Heilsarmee haben mir diese Perspektive erst ermöglicht.»
Nisha will einen Job finden, am liebsten in einer staatlichen Klinik. Sollte sie dafür ihr Zuhause verlassen müssen, würde sie ihre Familie und das Dorf sehr vermissen. Abschliessend meint Nisha: «Mir ist es wichtig, meine Familie und die Gemeinde finanziell zu unterstützen, auch wenn es nicht mit viel ist. Zum Schluss würde ich mir etwas gönnen. Vielleicht ein schönes Kleid. Rot ist meine Lieblingsfarbe.»
Judith Nünlist
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