Heilsarmee Aarau
Asylstrasse 34
5000 Aarau
Tel. +41 (0)62 822 28 03
Standort auf Google Maps anzeigenSandras grösster Wunsch ist es zu arbeiten. Seit einem Schicksalsschlag fällt es der Mutter von drei Kindern schwer, wieder Fuss zu fassen. In der Heilsarmee Aarau hat sie Gemeinschaft und eine neue Aufgabe gefunden.
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Sandra Peter trägt weisse Turnschuhe, jugendliche Jeans und hat eine gelbe Kochschürze umgebunden. Heilsarmee-Offizier Lukas Wittwer schaut ihr beim Kochen über die Schulter. Ihre Worte unterstreicht Sandra mit Gesten, während sie beim Kochen im Archeträff der Heilsarmee Aarau aus ihrem Leben erzählt. Sie ist 56 Jahre alt, Mutter von drei erwachsenen Kindern und Grossmutter. Dass sie jung Mutter wurde, sieht Sandra als Segen. Doch schon früh wurde sie mit einem Schicksalsschlag konfrontiert, der sie in eine Abwärtsspirale trieb.
«In meiner Jugend habe ich Leistungssport betrieben und hatte grosse Ziele», erinnert sie sich. Ihre Knieprobleme hielten sie nicht auf, bis sie notfallmässig operiert werden musste. Damals war Sandra 16 und in der Ausbildung zur Köchin. «Mein Lehrmeister sagte, dass ich es nicht schaffe, wenn ich immer fehle. So habe ich damals meine Lehrstelle verloren.» Das Schicksal liess Sandra keine Ruhe: Wenige Jahre später erhielt sie die Diagnose Hautkrebs. Sandra fiel in ein tiefes Loch. Sie gab ihre Träume und auch sich selbst auf. «Ich will niemand anderen für meine Drogensucht verantwortlich machen. Aber ich fühlte mich oft alleine, wenn meine Mutter arbeiten war. Ich bin rumgehangen und traf mich mit Leuten von der Strasse. Ich suchte Aufmerksamkeit und stürzte in die Drogen.» Dann wurde Sandra schwanger.
«Die Schwangerschaft hat mich gerettet», betont die 56-Jährige. Mithilfe eines Methadon-programms besiegte Sandra ihre Sucht. Sie heiratete und kümmerte sich um die kleine Ramona. Zwei weitere Kinder folgten. Heute ist Sandra seit 32 Jahren clean. Mit den Leuten von der Strasse hat sie immer noch Kontakt. «Ich höre mir ihre Sorgen an und muntere sie auf», erklärt Sandra.
«Jeder kann neu anfangen. Das will ich den Menschen auf der Strasse mitgeben.»
Einige würden sie als Vorbild sehen, weil sie es geschafft hat, von den Drogen wegzukommen. Die Jugendlichen am Bahnhof nennen sie «S Bahnhof-Mueti». «Die Teenager finden Drogen lässig und probieren hier und da etwas aus. Viele können nicht über ihre Probleme sprechen», weiss Sandra. Sie sei da und höre zu. Ihr sei wichtig, den Jugendlichen aufzuzeigen, was passiert, wenn man in die Sucht abrutscht.
Sandra kennt viele Geschichten der Menschen von der Gasse. Bei fast allen weiss sie, wo der Schuh drückt. Ihre eigenen Probleme verblassen dabei. «Als ich Sandra kennenlernte, ging es ihr sehr schlecht», berichtet Heilsarmee-Offizier Lukas Wittwer, damals Leiter in Aarau. «Das war vor zwölf Jahren», bestätigt Sandra. Sie habe befürchtet, dass der Krebs zurück sein könnte. Mehrmals pro Woche fiel sie in Ohnmacht und konnte sich danach an nichts mehr erinnern. «Ich fühlte mich wertlos. Manchmal fand mich meine Tochter in irgendeiner Ecke der Wohnung.» Die Heilsarmee habe sie in dieser schweren Zeit aufgefangen. Am Bahnhof Aarau drückte ihr Marcel Bürgi, dazumals Heilsarmee-Streetworker, eine seiner CDs in die Hand. «Er meinte, die Musik würde mir gut tun.»
Marcel Bürgis Lieder erzählen vom Leben, von Hoffnung und von Gott. Die Zeilen trafen Sandra mitten ins Herz. Bürgi erkannte ihre Leidenschaft für Musik. Er nahm sie mit in die Arche der Heilsarmee Aarau. «Im Keller hat es ein Tonstudio. Dort proben wir mit der Arche-Band», ist Sandra stolz. «Die Band besteht aus Mitgliedern der Heilsarmee-Gemeinde und Menschen von der Strasse. In der Band erleben viele nach langer Zeit wieder einmal Gemeinschaft», ergänzt Lukas Wittwer.
Auch Sandra hat in der Heilsarmee Anschluss und sogar einen kleinen Job gefunden. Jeden Donnerstag kocht sie mit Freiwilligen ein Abendessen für 30 Menschen von der Strasse. «Die Heilsarmee ist ein Ersatz für mich», sagt die arbeitslose Mutter. Ihr grösster Wunsch ist es, zu arbeiten, sonst sieht sie keine Perspektive. Die Ohnmachtsanfälle verunmöglichen es ihr aber, regelmässig zu arbeiten. Der Krebs ist zum Glück nicht zurückgekommen, dafür hat man bei ihr eine erblich bedingte Herzkrankheit festgestellt. Wittwer freut sich, dass Sandra beim Kochen für die Obdachlosen aufblüht. «Die Heilsarmee ist meine zweite Familie», sagt Sandra mit Tränen in den Augen.
Die Heilsarmee Aarau öffnet jeden Donnerstag ihre Räume für den Archeträff. Hier können Menschen etwas Warmes essen, spielen und Kontakte pflegen. Der Treffpunkt bietet Gelegenheit, um in einer stressfreien Zone zur Ruhe zu kommen oder einfach mal über ein paar Dinge zu reden. Aus dem Treffpunkt ist auch eine Band entstanden, die regelmässig Musikstücke aller Art probt und während den Gottesdiensten spielt.
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Gino Brenni
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