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Die christliche Solidarität richtet sich manchmal an Glaubensbrüder und -schwestern, oft aber auch – und das verleiht dieser Tradition eine gewisse Besonderheit – an Menschen, welche die biblische Weltanschauung nicht teilen.
Sie hat ihre Ursprünge erstens im Alten Testament. Gott wird darin als Verteidiger der Armen dargestellt, der seine Propheten aussendet, um diejenigen zu warnen, die ihre Mitmenschen ausbeuten und misshandeln.
Zweitens hat sie ihren Ursprung in der Botschaft Jesu. Er hatte eine besondere Zuneigung zu den Armen, und seine Botschaft vom Reich Gottes versprach ihnen Trost (Lk. 6,20-21). Er rief zum Teilen und zur Solidarität auf, wie zum Beispiel im Gleichnis vom barmherzigen Samariter.
Sammeln für Kirchen, die weniger haben
Die christliche Tradition der Solidarität hat ihre Ursprünge drittens bei den Aposteln, in ihren Briefen und in einer oft unbekannten Praxis: der Kollekte für arme Kirchen.
Die Apostelgeschichte und die Briefe des Paulus berichten uns mehrmals von dieser Aktion: Kollekten unter den Gemeinden aller Himmelsrichtungen für die armen Christen in Jerusalem. Es ist nicht genau bekannt, wie oft solche Sammlungen stattfanden, aber es scheint, dass man mindestens zwei verschiedene Arten unterscheiden kann. Es gibt diejenige, welche in der Apostelgeschichte 11,27-30 erwähnt wird. Sie fand in Antiochia in Syrien statt, um der von einer Hungersnot betroffenen Kirche in Jerusalem zu helfen. Dann gibt es die Kollekten, die mehrmals in den Briefen des Paulus erwähnt werden (Röm. 15,25-33; 1. Kor. 16,1-4; 2 Kor 8,1-9,13), und von denen man annimmt, dass es sich tatsächlich um eine einzige Sammlung handelte, für welche Paulus viel Zeit benötigte (2. Kor. 8,10-11). Vergessen wir nicht: Städte wie Antiochia waren riesig und reich. Die Christen in Jerusalem wiederum waren mittellos und vom Handel in einer Stadt ausgeschlossen, die sich auf die Tempelwirtschaft stützte.
Praktische Grundsätze
Die praktischen Grundsätze, welche die Kollekte des Paulus für Jerusalem bestimmten, sind sehr anschaulich:
- Jeder ist aufgerufen zu geben, und zwar nach seinen Möglichkeiten (Apg. 11,29; 1. Kor. 16,2)
- Die Reichen unterstützen die Armen, aber die Armen geben auch (2. Kor. 8,2)
- Man gibt von seinem Überfluss, aber auch von dem Notwendigen (2. Kor. 8,3)
- Es geht nicht darum, sich selbst in Not zu bringen (indem man zu viel gibt), sondern darum, Gleichheit anzustreben (2. Kor. 8,13)
- Jeder ist eingeladen, mit Freude so zu geben, wie er es in seinem Herzen beschlossen hat (2. Kor. 9,7)
- Die Gabe wird jede Woche für eine gewisse Zeit auf die Seite gelegt (1. Kor. 16,2)
Irene Gerber
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