IN1024 – Stacy Vermot im Gespräch mit Luca Orlando
IN1024 – Stacy Vermot im Gespräch mit Luca Orlando

Durch die Unterstützung der Heilsarmee findet Stacy Schritt für Schritt zurück in einen selbstbestimmten Alltag.

Wie Stacy (28) die Alkoholsucht überwinden konnte und welche Rolle die Unterstützung der Heilsarmee auf ihrem Weg zurück in einen selbstbestimmten Alltag spielt, erzählt sie selbst:

«Der erste Einschnitt war die Trennung meiner Eltern, als ich vier Jahre alt war. Ich wünschte mir im Stillen sehr, dass sich das wieder ändert, doch das geschah nicht. Dann erhielt meine Mutter die Diagnose Brustkrebs. Kurz danach starb die Mutter eines Mitschülers an genau dieser Krankheit. Ich glaubte, meine Mutter würde nun auch sterben. Das war eine schreckliche Belastung für mich.

Kleines Mädchen, grosse Sorgen

Als ich zehn Jahre alt war, lernte meine Mutter einen neuen Mann kennen. Er brachte vier Kinder mit in die Beziehung, von denen drei schon erwachsen waren. Ich war die Jüngste und fand es toll mit so vielen grossen Geschwistern. Mit meiner jüngsten Halbschwester pflege ich bis heute engen Kontakt.

Ein Jahr darauf beging der Ex-Freund einer meiner Schwestern Selbstmord. Für mich war er wie ein grosser Bruder und als Elfjährige verstand ich seinen freiwilligen Tod nicht. Meine Trauer, Sorgen und Ängste behielt ich für mich, denn ich wollte für meine Schwester da sein. Ich versuchte bei jeder Gelegenheit, sie zum Lachen zu bringen. Meine eigene Trauer konnte ich erst fünf Jahre später verarbeiten, indem ich ihm einen Brief schrieb, den ich auf sein Grab legte.

Der Griff zum Alkohol

Alkohol war bei uns zu Hause immer präsent. Meine Familie feiert gerne. Wir sind Genussmenschen und der Alkohol gehörte einfach dazu. Ich war in der Pubertät, als ich zum ersten Mal zum Alkohol griff. Nach einiger Zeit trank ich bereits regelmässig. Es war eine Flucht, um nicht über meine Probleme nachdenken zu müssen – wie ein Pflaster, das für einen Moment den Schmerz überdeckte.

Nach der Schule begann ich eine Lehre. Doch aufgrund des Alkoholkonsums brach ich diese ab. Endlich hatte ich auch einen Freund und zum ersten Mal seit Jahren war ich für acht Monate alkoholabstinent. Ich begann eine neue Ausbildung. Doch dann starb er an einer Überdosis. Ich war am Boden, begann wieder zu trinken und verlor die Lehrstelle. Ich zog wieder zu meiner Mutter, um meinen Schmerz ein wenig zu vergessen.

Stacy Vermot traurig
Stacy Vermot traurig

«Meine Leber war so geschwächt, dass ich auf der Intensivstation landete. Der Arzt machte mir klar, dass ich sterben würde, sollte ich weiter so viel trinken. Ein Schock!»

Stacy Vermot

Abstinenz und neue Hoffnung

Ein Jahr später führte ich wieder eine Beziehung. Wir waren vier Jahre zusammen, aber es war eine toxische Beziehung mit viel Alkohol, der zu häuslicher Gewalt führte. Ich machte mehrere Entzugsversuche in einer psychiatrischen Klinik, wurde jedoch immer wieder rückfällig. Mein Körper reagierte auf den hohen Alkoholkonsum.

So ging ich in eine Einrichtung gegen Alkoholismus, die einst von der Heilsarmee geführt wurde. Ich war neun Monate dort und konnte meine Alkoholsucht überwinden. Ich schöpfte neue Hoffnung und bin nun seit über zwei Jahren abstinent. Durch meinen Beistand kam ich in Kontakt mit dem «Coup d’Pouce» der Heilsarmee. Ich erhielt eine Wohnung der Heilsarmee, in der ich bis heute lebe. Zudem ermöglichte mir der Sozialdienst eine berufliche Eingliederung im Altersheim «Le Foyer» der Heilsarmee in Neuenburg. Ich musste damals noch Medikamente einnehmen für meinen Alkoholentzug und war nicht immer zuverlässig, verspätete mich oder vergass einen Termin. Eine Betreuerin vom «Coup d’Pouce» half mir, den Tag zu strukturieren und die Arbeit im Pflegeheim gut auszuführen.

Neuorientierung

Aktuell arbeite ich am Wochenende nachts als Callcenter-Mitarbeiterin für ein Taxiunternehmen. Ich würde die Tätigkeit gern auf ein 30-Prozent-Pensum ausbauen. Es ist kein Traumjob, aber eine gute Arbeit und ich kann sie von zu Hause aus erledigen. Eine Erleichterung und eine Chance für die Zukunft. Zudem werde ich Unterstützung von einem Spezialisten für die Berufsorientierung erhalten. Wenn möglich, würde ich gern mit Menschen oder Tieren arbeiten.

«Die Heilsarmee hilft mir, Stabilität in mein Leben zu bringen.»

Stacy Vermot fröhlich
Stacy Vermot

Ich habe vor einem halben Jahr eine dreijährige Hündin adoptiert und kümmere mich seither um sie. Diese Verantwortung für ein Lebewesen zu übernehmen, tut mir gut und ist das Beste, was mir passieren konnte. Die Fröhlichkeit des Hundes ist so ansteckend und bereichert meinen Alltag! Ich weiss aber nicht, ob ich emotional dafür bereit bin, mich beruflich mit dem Leid anderer zu beschäftigen. Das macht die Sache etwas kompliziert. Heute geht es mir gut und ich bin für die erhaltene Hilfe sehr dankbar.»

Wohnen und Begleitung

In der West- und Deutschschweiz bietet die Heilsarmee Menschen in einer schwierigen Lebenssituation kurz-, mittel- oder langfristig ein Zuhause in einer sicheren Umgebung. Ziel ist es, hilfsbedürftigen Menschen einen zuverlässigen Ort zu bieten, an dem sie Stabilität finden und zur Ruhe kommen können.

Ein Zimmer im Le Coup d’Pouce
Ein Zimmer im Le Coup d’Pouce

Betreutes Wohnen & Wohnbegleitung

Fürsorgliche, professionelle Fachpersonen begleiten, betreuen und beraten Betroffene bei ihren nächsten persönlichen Schritten.

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