Frau Fuss mit Pflegerin Monique auf der sonnigen Terrasse des «Le Foyer» in Neuenburg

Die Vielfältigkeit der Wohnformen mit Unterstützungsleistungen in der Schweiz widerspiegeln den unterschiedlichen Bedarf der Betroffenen hinsichtlich der Intensität der Betreuungsmassnahmen sowie der geeigneten Wohnform. Ob Wohnangebote für alt oder jung oder für Menschen mit physischen, psychischen oder geistigen Beeinträchtigungen, die Wohnmöglichkeiten in der Schweiz sind innovativ, divers und entwickeln sich fortlaufend weiter. Je nach Betreuungsbedarf, bleiben stationäre Wohnangebote wichtig. Der Trend verschiebt sich aber zunehmend hin zu vermehrt dezentralen Wohnformen sowie ambulanten Begleit- und Pflegedienstleistungen in Privatwohnungen. Betroffene sollen in der Mitte der Gesellschaft wohnen und leben bleiben können sowie die benötigten Unterstützungsleistungen selbstbestimmt und auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten wählen können.

Folgend helfen wir Ihnen sich im Dschungel der verschiedensten Wohnformen mit Unterstützungsleistungen – aufgesplittet nach drei Bedürfnisgruppen – zurechtzufinden:

Wohnen für Menschen mit Beeinträchtigungen

In der Schweiz leben laut Bundesamt für Statistik rund 1,7 Millionen Menschen (rund 20 Prozent der Gesamtbevölkerung) mit einer Beeinträchtigung. Von dieser Personengruppe sind rund 29% von einer starken Behinderung betroffen. (2) Allgemein sind Menschen mit Beeinträchtigungen – sei dies körperlicher, geistiger, psychischer Natur, aufgrund einer Suchterkrankung oder fortgeschrittenem Alters – in ihrem Alltag vielfach auf zusätzliche Hilfe angewiesen. Im Zentrum der Hilfs- und Unterstützungsleistungen steht oft die persönliche Wohnsituation. Das Wohnangebot für Menschen mit Beeinträchtigungen, die in ihrem Wohnalltag auf Unterstützung angewiesen sind, hat sich in den letzten Jahren in der Schweiz stark weiterentwickelt. Die Angebote wurden flexibler, vielfältiger und bedürfnisorientierter. Obwohl klassische Heimstrukturen wichtig bleiben, lässt sich eine Tendenz hin zu mehr dezentralen Wohnformen feststellen. (1)

Dezentrales Wohnen

Beim dezentralen Wohnen leben Betroffene vermehrt in Wohnstrukturen, die dem privaten Wohnen ähnlich sind, sich aber meist dahingehend unterscheiden, dass sie für Menschen ausgerichtet sind, die auf regelmässige Alltagshilfen angewiesen sind. Der Grundgedanke dahinter ist die Inklusionsförderung: Menschen mit Beeinträchtigungen sollen nicht am Rande, sondern gleichberechtigt in der Mitte der Gesellschaft ihren Platz finden und im gleichen Umfang am sozialen Leben teilhaben können. (1)  Dieser Trend deckt sich auch mit dem Übereinkommen der UNO über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN BRK), das 2014 von der Schweiz ratifiziert wurde. Die Schweiz verpflichtete sich in der Konvention unter anderem dazu, für Menschen mit Beeinträchtigungen jegliche Barrieren abzubauen, «die sie an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern.» (3)

Die Betroffenen leben bei dezentralen Wohnformen als Einzelperson oder Wohngemeinschaften in bereitgestellten Wohnungen sozialer Institutionen; können aber auch eigenständig oder in Gruppen Mietobjekte des freien Wohnungsmarkts beziehen. Für Menschen mit physischen Einschränkungen wird ein Hauptaugenmerk auf barrierefreie Wohnstrukturen gelegt. Die Betreuung und Begleitung erfolgt durch professionelles Fachpersonen meist ambulant vor Ort. Die Intensität und Form der Unterstützung wird jeweils individuell den Bedürfnissen der betreuten Person angepasst. Der Grad der Betreuung orientiert sich ganz nach dem Motto: «so viel wie nötig, so wenig wie möglich». Die Eigenverantwortung und Selbstständigkeit soll in allen Lebensbereichen ressourcenorientiert bewahrt und gefördert werden, um den Betroffenen ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. (1)

«Menschen mit Beeinträchtigungen sollen nicht am Rande, sondern gleichberechtigt in der Mitte der Gesellschaft ihren Platz finden und im gleichen Umfang am sozialen Leben teilhaben können.»

Vier Kategorien des betreuten Wohnens

Bei den Bezeichnungen der verschiedenen Wohnformen für Menschen mit Beeinträchtigungen besteht schweizweit keine einheitliche Begriffsdefinition oder Einteilung*. Eine mögliche Typologisierung der Wohnangebote hat die Berner Fachhochschule in einer Studie aus dem Jahr 2019 vorgenommen, die vom Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) in Auftrag gegeben wurde. Demnach lassen sich vier Wohnformen kategorisieren: (1)

Institutionelles Wohnen mit 24-Stunden-Betreuung

Diese Wohnform nehmen Menschen in Anspruch, die dem höchsten Grad an Betreuung bedürfen. Neben einer Tagesbetreuung stellt zusätzlich ein Nachtdienst eine Versorgung rund um die Uhr sicher. Das Wohnen erfolgt in einem stationären Rahmen. (1)

Institutionelles Wohnen mit geringeren Betreuungszeiten

Hier leben Menschen in zunehmend kleineren Kollektivhaushalten in vermehrt dezentralen Wohnformen. Dies können beispielsweise Aussenwohngruppen oder Übergangswohnungen sein. Zudem möglich sind Einzelwohnungen, die von einer Institution zur Verfügung gestellt werden. Der Bedarf an benötigten Hilfeleistungen ist niedriger und eine erhöhte Selbstständigkeit wird vorausgesetzt. Zudem haben die Betroffenen die Möglichkeit, den Grad der Betreuungs- und Begleitleistungen mitzubestimmen. (1)

Privates Wohnen mit Betreuung

Eine Person mit Beeinträchtigungen kann im eigenen Wohnumfeld eine Assistenzperson privat bei sich beschäftigen. Die Kosten für das Wohnen mit Assistenz werden mit Beiträgen von der Invalidenversicherung unterstützt. Zu dieser Wohnform gehört andererseits auch die Möglichkeit, Hilflosenentschädigung in Anspruch zu nehmen. Eine ausgebildete Fachkraft unterstützt hierbei die betreute Person bei alltäglichen hauswirtschaftlichen Pflichten sowie ambulanten Pflegeleistungen (Spitex). (1)

Privates Wohnen mit Begleitung

Unter privaten Wohnformen mit Begleitung wird gemäss Art. 74 IVG in erster Linie eine Unterstützung in Form von Beratungs-Dienstleistungen verstanden. Unter dieser Wohnform werden aber auch zum Gesetzesartikel abweichende Angebote zusammengefasst, wie beispielsweise das Wohncoaching. Ausgeschlossen hierbei sind Dienstleistungen im Bereich Hauswirtschaft und Pflege. Begleitetes Wohnen ist grundsätzlich auch in einem institutionellen Rahmen möglich. (1)

*Die allgemeine Verwendung der Begriffe «Wohnen mit Betreuung/betreutes Wohnen» sowie «Wohnen mit Begleitung/Wohnbegleitung» werden im Bereich der Wohnhilfe in der Praxis oftmals nicht klar unterschieden oder synonym bis widersprüchlich verwendet. (1) In der internen Begriffsverwendung der Heilsarmee Schweiz wird der Begriff «Wohnbegleitung» als Überbegriff für ambulante Wohn- und Dienstleistungsangebote verwendet, während «betreutes Wohnen» hauptsächlich Angebote in einem stationären Rahmen bezeichnet.

Ein Zuhause für Menschen mit Beeinträchtigungen

Die Heilsarmee bietet an diversen Standorten in der Deutsch- und Westschweiz unterschiedlichste Wohnangebote für erwachsene Menschen mit psychischen, physischen oder geistigen Beeinträchtigungen.

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Wohnen für Seniorinnen & Senioren

Wohnformen für Senioren

Ein Zuhause für Seniorinnen & Senioren

Die Heilsarmee betreibt in der Deutsch- und Westschweiz Alters- und Pflegewohnheime für Menschen, die nicht mehr eigenständig zuhause leben können oder ihren Lebensabend lieber in einem gemeinschaftlichen Umfeld verbringen möchten.

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Wohnen für Kinder & Jugendliche

Die Unterbringung und sozialpädagogische Betreuung von Kindern und Jugendlichen in einem institutionellen Rahmen ist eine besondere Herausforderung und bedingt von allen beteiligten Stellen viel Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl. Minderjährige können aus unterschiedlichsten Gründen auf ausserfamiliäres Wohnen angewiesen sein. Während früher meist Waisenkinder die Plätze der sozialpädagogischen Wohneinrichtungen bezogen, ist dies heutzutage eher ein Ausnahmefall. Hauptsächliche Gründe für einen institutionellen Aufenthalt eines Kindes oder Jugendlichen sind: (6)

  • körperliche oder geistige Beeinträchtigungen sowie Verhaltensauffälligkeiten, die einer speziellen Förderung bedürfen
  • familiäre Probleme, Vernachlässigung und/oder häusliche Gewalt
  • jugendstrafrechtliche Gründe
  • gescheiterte Unterbringung in Pflegefamilien

Die Dauer der institutionellen Fremdbetreuung variiert stark. Sie reicht von einem kurzen Aufenthalt von wenigen Tagen oder Wochen bis hin zu einem langfristigen Verbleib von mehreren Jahren. Auch ein teilstationärer Aufenthalt ist denkbar, in dem die Kinder oder Jugendlichen teilweise zuhause und teilweise in einer Institution leben.

Obschon Minderjährige aus verschiedensten Gründen vorübergehend oder gänzlich nicht mehr in ihrem familiären und häuslichen Umfeld wohnen können, bleibt die Familie der wichtigste soziale Bezugsrahmen. Von wesentlicher Bedeutung ist die systemische Arbeitsweise der aufnehmenden sozialpädagogischen Einrichtung – also der Einbezug aller sozialen Bezugspersonen (Eltern, Lehrer, Sozialarbeiter etc.) in die Erziehung des Kindes oder Jugendlichen.

Stationäre Wohnformen für Kinder und Jugendliche

Bei einer stationären oder teilstationären Unterbringung von Kindern und Jugendlichen werden grundsätzlich drei Formen unterschieden: (7)

Kinderheim

In den Kinderheimen wohnen in erster Linie Kinder, die aufgrund problematischer Familienverhältnisse vorübergehend oder längerfristig nicht in der Obhut der Eltern bleiben können. Für eine solche Unterbringung ist meist die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) zuständig.

Jugendheim

In den Jugendheimen leben junge Erwachsene, die vielfach Entwicklungsdefizite aufweisen und ihre Volljährigkeit noch nicht erreicht haben. Eine Einweisung kann unter anderem aufgrund strafrechtlicher Delikte von der Jugendstrafanwaltschaft angeordnet werden.

Schulheim

Eine Unterbringung in Schulheimen erfolgt, wenn das Kind oder Jugendliche aufgrund einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung oder einer Störung im Sozialverhalten nicht am Regelunterricht teilnehmen kann und auf eine Förderung von Fachpersonen angewiesen ist.

Dezentrale Wohnformen für Jugendliche und junge Erwachsene

Menschen im Jugendalter und junge Erwachsene können auch in dezentralen Wohnformen mit erhöhter Selbständigkeit leben, die sie auf ein eigenständiges und selbsbestimmtes Leben sowie den Start ins Berufsleben vorbereiten sollen. Dazu gehören beispielsweise betreute Wohngemeinschaften, Aussenwohngruppen oder bereitgestellte Einzelwohnungen.

Nach dem Verlassen des institutionellen Rahmens kann oftmals eine Nachbetreuung veranlasst werden. So soll durch regelmässige, ambulante sozialpädagogische Begleitung sichergestellt werden, dass der finale Übergang des Jugendlichen in die vollumfängliche Eigenständigkeit gelingt. Ziel ist es, die jugendliche Person bei einer erfolgreichen Lebensgestaltung zu unterstützen.

 

Ein Zuhause für Kinder & Jugendliche

Die Heilsarmee betreibt an verschiedenen Standorten in der Deutsch- und Westschweiz Kinder- und Jugendheime. Für Jugendliche und junge Erwachsene bietet sie zudem eine professionelle Wohnbegleitung in Aussenwohngruppen oder in von ihr bereitgestellten Studios an.

zum Wohnangebot

Zitierte Quellen

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