Thomas Frommherz, Leiter Wohnbegleitung und Housing First bei der Heilsarmee Basel
Thomas Frommherz, Leiter Wohnbegleitung und Housing First bei der Heilsarmee Basel

Leitet das Pilotprojekt Housing First in Basel: Thomas Frommherz, Bereichsleiter Wohnbegleitung bei der Heilsarmee.

Im Jahr 2018 hat das Stimmvolk des Kantons Basel-Stadt vier Wohninitiativen angenommen, unter anderem die Initiative „Recht auf Wohnen“. Daraus hat sich der Auftrag an den Kanton ergeben, ein Projekt zu Housing First zu lancieren. Die Sozialhilfe von Basel-Stadt hat dazu eine Ausschreibung gemacht; den Zuschlag hat die Heilsarmee erhalten und wurde mit der Umsetzung des Pilotprojekts beauftragt. Nach Ostern 2020 erfolgte der offizielle Startschuss.

Housing First: Projektstart in Corona-Zeiten

Thomas Frommherz ist Bereichsleiter Wohnbegleitung der Heilsarmee in Basel und Projektleiter von Housing First. In der Arbeit mit obdachlosen Menschen bringt er viel Erfahrung mit: 2007 hat er angefangen, im Männerwohnhaus der Heilsarmee in Basel zu arbeiten und hat im Jahr 2012 die ambulante Wohnbegleitung entwickelt. Er erinnert sich an den Start von Housing First: «Wir wollten zuerst einmal interessierte Leute finden und da hat uns Corona ein bisschen in die Hände gespielt. In den Notschlafstellen konnte der Abstand nicht eingehalten werden. Deswegen hat Basel-Stadt ein Hotel angemietet, das zu dieser Zeit leer gestanden ist. Und da haben Menschen erstmals wieder die Erfahrung machen dürfen, wie es ist, ein eigenes Zimmer zu haben, mit einem eigenen Schlüssel, zu kommen und zu gehen wie sie wollten. Von daher haben wir, auch durch die intensive Zusammenarbeit mit dem Sozialdienst der Notschlafstelle, sehr schnell interessierte Personen gewinnen können. Wir haben dadurch auch unsere Zielgruppe ein wenig geschärft und gesagt, wir möchten uns erst mal um die Menschen kümmern, die wirklich langjährig obdachlos sind.»

bahnhof
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In Basel-Stadt leben ungefähr 100 obdachlose Menschen.

Was Housing First einzigartig macht

Im Video erzählt der Projektleiter Thomas Frommherz von seinem persönlichen Umdenken durch das neue Konzept von Housing First.

Der Weg zur eigenen Wohnung mit Housing First

Thomas Frommherz ist daher zuversichtlich: Bis heute begleiten sie insgesamt 19 Personen, von denen 13 mittlerweile eine eigene Wohnung gefunden haben, zehn davon durch Housing First.

Housing First – eine Grundlage, um gesund zu werden

«Für die Leute, die jetzt auf einmal wieder eine Wohnung bekommen, ist der Start anspruchsvoll», erzählt Thomas Frommherz weiter. «Für die Nachbarschaft auch, weil die meisten wissen, um was für ein Projekt es sich handelt. Da braucht es ein gewisses Verständnis und vor allen Dingen auch Toleranz. Manchmal ist es dann auch unsere Aufgabe, zwischen den Beteiligten zu vermitteln. Die meisten Projektteilnehmenden zeigen aber eigentlich erstaunliche Wohnkompetenzen, das muss man wirklich sagen. Bei uns war beispielsweise eine Frau, die 20 Jahre lang in der Notschlafstelle gelebt hat. Sie war nicht ungepflegt, aber man hat es ihr eben auch äusserlich angesehen. Mittlerweile ist sie wirklich eine adrette Persönlichkeit geworden. Ich denke auch an ein anderes Beispiel, ein Herr um die fünfzig; er kann jetzt wieder in seinen Dart-Club gehen dank der eigenen Wohnung und pflegt da seine Kontakte. Oder ein weiterer Mann, er war auch 15 Jahre lang obdachlos. Jetzt hat er Anschluss gefunden an einen Wanderklub und pflegt auch wieder Kontakt mit der Familie. Eine Frau hat auch lange im Frauenwohnhaus gewohnt, dann wurde ihr dort gekündigt. Jetzt wohnt sie bei uns in einer Wohnung, ihr psychisches Befinden hat sich dadurch stark verbessert. Die Spitex kann jetzt zu ihr nach Hause kommen und ihr die Medikamente abgeben, das hilft ihr sehr. Sie verkauft nun das Strassenmagazin Surprise, was ihr eine Tagesstruktur gibt und hat auch Kontakt mit den Nachbarn. Diese laden sie ab und zu ein oder bringen ihr Essen vorbei.»

Dass die eigene Wohnung eine Grundlage darstellt, um  gesund zu werden und zu bleiben, zeigt auch eine andere Tatsache: In der Zeit, seit Housing First läuft, hatten sie keinen einzigen Eintritt von teilnehmenden Personen in die Psychiatrie zu verzeichnen.

Ein Wunsch für die Zukunft

Gefragt nach seinem Wunsch für die Zukunft, meint Thomas Frommherz: «Ich fände es schön, wenn Housing First sich etablieren würde als festes, bestehendes Angebot in Basel-Stadt. Und dann wäre es meine weitere Vision, dass es in jeder grösseren Stadt ein Amt oder einen Anbieter gibt, die sich mit solchen Fragen beschäftigen. Das absolute Superziel wäre für uns, dass wir Obdachlosigkeit beenden und dass es auch wirklich gar keine Frage mehr ist, wer eine Wohnung ‹verdient› und wer nicht.»

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  • Stephani Hans

    Ich finde housing first die einzige Möglichkeit, Leuten zu helfen.
    Nichg zuerst Entzuge, Parallelprogramme, und Psychologen helfdn.
    Hat einer erst einmal ein Dach über drm Kopf, ergibt sich die Sache von selbst. Dann muss man seine Probleme angehen. Österreich, bzw Wien geht schon länger mit dem Modell housing first an die Randständigkeit und Obdachlosigkeit heran. Ich, 69, würde gerne jobmässig mitmachen.
    Ich besitze eine kaufm. Ausbidung und habe ein phil. 1 Studium begonnen.

    • Gino Brenni, Heilsarmee Autor

      Vielen Dank für Ihren Kommentar, Frau Hans! Wir sehen das ähnlich: Hilfe sollte damit starten, die physische Situation zuerst zu verbessern, damit medizinische und psychologische Ansätze besser fruchten. Sie können sich gerne bei uns melden, damit wir näheres über eine eventuelle Zusammenarbeit sprechen können:
      info at heilsarmee . ch oder telefonisch unter 031 388 05 91. Herzlich, Gino Brenni Heilsarmee

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