
Lesedauer: 3 Min. · 0 Kommentare
·Artikel teilen
«Bel’Espérance» bedeutet auf Deutsch: schöne Hoffnung. Diesen Namen trägt das imposante Gebäude in der Altstadt von Genf schon lange. Doch nun bekommt dieser eine völlig neue Bedeutung: Das «Bel’Espérance» wird zu einem Ort der neuen Hoffnung für schutzbedürftige Frauen.
Zurück zu den Wurzeln
Mit der Umwandlung in eine soziale Institution reagiert die Heilsarmee auf eine wachsende soziale Notlage: Seit einigen Jahren steigt die Zahl der Menschen ohne Dach über dem Kopf in Genf, aber auch in den meisten anderen Schweizer Städten, stetig. «Wenn wir zusätzliche Stockwerke hätten, würden wir sie füllen. Die Nachfrage ist nach wie vor viel grösser als das Angebot», stellt Alain Meuwly fest, der sich vom ehemaligen Hoteldirektor zum Leiter einer sozialen Einrichtung gewandelt hat.
Mit dem neuen Konzept schafft die Heilsarmee 51 zusätzliche Plätze für schutzbedürftige Frauen. 30 Plätze sind für obdachlose Frauen reserviert, deren Aufenthalt von den Genfer Gemeinden im Rahmen des kantonalen Gesetzes über die Hilfe für Obdachlose (LAPSA) finanziert wird. Die verbleibenden 21 Plätze werden von 19 Frauen und 2 Kindern belegt, deren Aufenthalt von der Sozialhilfe des Kantons Genf bezahlt wird. Zusätzlich hat die Heilsarmee beträchtliche Eigenmittel aus Spenden in das «Bel’Espérance» investiert.
Hoffnung in schweren Zeiten
Gerade für Frauen ist es wichtig, in Einrichtungen unterzukommen, wo es nicht zu viele Menschen gibt. Einige sind schwanger oder haben Gewalt erlebt. Die familiäre Atmosphäre des «Bel’Espérance» bietet ihnen einen Zufluchtsort, an dem sie zur Ruhe kommen können und wo sie Rat und Betreuung finden.
Ein Zuhause und neue Perspektiven
Seit Sommer 2024 zählt auch die 19-jährige Sofia zu den Bewohnerinnen des «Bel’Espérance». Nach dem Tod des Vaters geriet die Familie in eine finanzielle Abwärtsspirale. Als das Geld immer knapper wurde, zog Sofia mit ihrer Mutter in deren Heimatland Peru.
Das Land und die Sitten waren ihr unbekannt und Sofia fühlte sich weder wohl noch sicher. Für sie war klar – sie wollte so schnell wie möglich zurück in die Schweiz. Dank eines Stipendiums konnte sie den Abschluss an der Schweizer Schule in Lima machen.
Kurz darauf kehrte Sofia in die Schweiz zurück. Vorübergehend kam sie bei einer peruanischen Bekannten in Genf unter. Doch dann musste sie gehen.
Ihr neues Zuhause wurde das «Bel’Espérance» der Heilsarmee, das Sofia liebevoll «das Hotel» nennt. Doch für Sofia steht fest: «Der Aufenthalt hier ist nur temporär, auch wenn mir der Ort ans Herz gewachsen ist.» Sie bewirbt sich immer wieder auf kleine Wohnungen in der Stadt, bisher leider erfolglos.
Aber Sofia gibt nicht auf und ist sich sicher, dass sie es schaffen wird. Zudem hat sie sich für das Studium der internationalen Beziehungen an der Universität Genf angemeldet. Ihr Traum: irgendwann in der Entwicklungshilfe für die Schweiz im Ausland tätig zu sein.
Während das «Bel’Espérance» Frauen vorbehalten ist, betreibt die Heilsarmee in Genf auch eine entsprechende Einrichtung für Männer: das Wohnheim «Le Passage», das an den Bahngleisen östlich des Bahnhofs Cornavin liegt und 62 Männer und unbegleitete Minderjährige aufnehmen kann. Diese Einrichtung wurde von der Heilsarmee neu erbaut und 2021 eröffnet.