Lukas Wittwer, Korpsleiter Bern
Lukas Wittwer (56) ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Zusammen mit seiner Frau leitet er die Heilsarmee-Gemeinde in Bern und macht vom Kleinen bis zum Grossen fast alles für seine Leute.
Lukas Wittwer, Heilsarmeeoffizier und Kornettist, erklärt im Interview, warum Gutes tun wichtig für das Zusammenleben ist und wie einfach der erste Schritt zum Helfer sein kann.
Lesedauer: 6 Min. · 2 Kommentare
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Die Topfkollekte ist was ganz Besonderes. Hast du als Musiker an der «Topfi» überhaupt Kontakt zu den Menschen?
Ja, die Topfi ist schon etwas anders. Ich kann einfach hinstehen, spielen, wieder gehen. Einfach das Programm abspulen. Gerade wenn ich müde werde, gerate ich hin und wieder in so einen Trott. Das möchte ich natürlich vermeiden. Deshalb spiele ich in der Regel auswendig, schaue den Menschen zu und nehme Blickkontakt auf mit ihnen. Interessant, wie sie reagieren, sich freuen, die Musik geniessen, klatschen! Kinder tanzen und klatschen oft mit. Das zu sehen ist mir wichtig und motiviert mich noch besser zu spielen. So macht Musizieren mir und den Zuhörenden Freude.
Lukas Wittwer (56) ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Zusammen mit seiner Frau leitet er die Heilsarmee-Gemeinde in Bern und macht vom Kleinen bis zum Grossen fast alles für seine Leute.
Welche Rolle spielt die Kälte für euch?
Ich erinnere mich an eine besonders kalte Adventszeit. Es war so kalt, dass mir mein Kornett während dem Spielen einfror! Es ging nichts mehr. Bei keinem von unserer Band. Wir versuchten unsere Instrumente etwas aufzuwärmen. Dann lachten wir und probierten das Stück zu spielen. Einer nach dem andern stieg aus. Schön der Grösse nach: erst der Bass, am Ende ich mit dem Kornett. Es war zum Lachen! Wir mussten uns in ein Warenhaus zurückziehen und da etwas aufwärmen. Das reichte dann wieder für einen Durchgang. Wenn’s richtig kalt wird, bin ich mit meinem kleinen Instrument im Vorteil. Ich habe weniger Messing oder Blech an der Lippe.
Tust du den Menschen etwas Gutes als Musiker an der Topfkollekte?
In erster Linie tue ich mir selbst etwas Gutes damit. Ich musiziere gerne, es macht mich glücklich. Wenn ich dann merke, dass sich die Zuhörerinnen und Zuhörer über die Musik freuen, ist dies ein toller Nebeneffekt, der mich zum Weiterüben und besser werden motiviert. So glaube ich sehr wohl, dass die Musik auch anderen gut tut. Zumindest dann, wenn wir gut spielen! Die Qualität der Musik kann natürlich schwanken. Ich habe auch mal den vollen Durchhänger. Dann geht nichts mehr und es kommt nur noch Luft. Meine Erfahrung zeigt, dass so eine Phase nach etwa zwanzig Minuten überwunden ist. Danach klingts wieder besser. Ich tue also den Menschen auch Gutes, indem ich Pausen einlege und mich erhole!
Warum sollte man anderen helfen?
Ein Erlebnis, wo du selbst Hilfe erhalten hast?
Ich habe in meinem Leben wenige schwerwiegende Dinge erlebt. Aber ich habe erfahren, wie wichtig es ist, gehalten zu werden – zum Beispiel bei einem Ausrutscher in den Bergen, der schnell lebensgefährlich werden kann. Oder wie die Zurechtweisung durch einen Lehrer meine berufliche Zukunft sicherte. Oder wie die segensreiche Unterstützung von aussen bei einer schwierigen Situation in meiner Ehe half. Hilfe anzunehmen ist nicht immer einfach, aber manchmal einfach nötig. Ich bin jemand, der innerlich viele Gespräche führt und selbst reflektiert, aber man ist eben trotzdem oft blind für vieles, und da war ich in den genannten Beispielen dankbar, dass mir jemand geholfen und Inputs gegeben hat, damit es weitergehen konnte.
Wie wichtig sind Angebote für Menschen am Rande der Gesellschaft?
Sehr wichtig. An Heiligabend bieten wir daher als Gemeinde ein Essen für einsame Menschen an. Jeder darf sich anmelden. Da kommt immer ein sehr unterschiedliches Publikum zusammen und das finde ich sehr schön. Menschen von der Strasse, genauso wie vielleicht ältere Mitglieder der Heilsarmee, die sich freuen, den Abend in Gemeinschaft verbringen zu können. Das gibt zusammen ein grosses Ganzes und am Ende sind alle zufrieden.
Deine drei Tipps, anderen auf einfache Art etwas Gutes zu tun.
Tipp 1: Kauf ein Schöggeli oder eine Blume und schenk sie direkt an der Kasse oder auf der Strasse irgendjemandem, den du kennst oder auch nicht. Mach so einfach jemandem eine Freude.
Tipp 2: Ruf wieder mal jemanden an, den du seit langem anrufen solltest und sag, was du schon lange sagen wolltest. Am besten etwas Positives. «Du fehlst mir» oder «schade, dass wir schon lange nicht mehr Zeit miteinander verbracht haben».
Und als letzten Tipp: Mach heute in deinem Haushalt oder in deiner Hausgemeinschaft etwas, das du sonst nicht tust. Nimm eine Rolle ein, die du nicht gewohnt bist, weil sie normalerweise andere spielen. Das kann der Abwasch sein oder die Wäsche oder einfach aufräumen; irgendwas Praktisches. Etwas Unerwartetes. Etwas, das auf neue Art und Weise zeigt, dass du Teil deiner Gemeinschaft bist und mitdenkst.
Wenn ich mich für andere engagieren will, wie fange ich an?
Mach’s einfach! Wenn du siehst, dass du die Möglichkeit hast jemandem zu helfen, tu es einfach. Es gibt viele einfache Dinge, wie ich Menschen helfen kann. Etwas schenken, jemandem eine Freude bereiten. Ich glaube, das grösste Geschenk ist immer noch Zeit. Sich Zeit nehmen, jemandem zuzuhören oder die Hand zu reichen.
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Judith Nünlist
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Matthias Kipfer
Schön was die Heilsarmee tut…. ich bin begeistert vom Gründer….leider liest man nichts im Artikel, von dem was William Booth wirklich wichtig war: Dass jeder Mensch verloren in der Sünde ist und durch Umkehr und Vergebung ewiges Leben bekommt. Jesus war nicht ein Religionsgründer, sondern der Retter für unsere Seele. Ich wünschte mir, dass die Heilsarmee in Bern nicht nur durch schöne Weihnachtslieder und sammeln von Geld gesehen wird, sondern von Strassenpredigern, die den Menschen die Frohe Botschaft von Jesus verkünden!
Ich wünsche Euch eine wertvolle Weihnachtszeit. Möge das Herz und die Vision des Gründers wieder vermehrt zur Geltung kommen!!!
Matthias Kipfer
Gino Brenni, Heilsarmee Autor
Lieber Herr Kipfer
vielen Dank für Ihren Kommentar. Es ist richtig, was Sie sagen und es wäre natürlich sehr schön, wenn wir auch als Strassenprediger die Menschen erreichen könnten. Dass dies leider auch viele Passanten abschreckt und im öffentlichen Raum nicht immer gut ankommt, mag einer der Gründe sein, weshalb wir uns aufs Musizieren und Singen konzentrieren. Die Vision des Gründers inspiriert uns nach wie vor. Für uns ist es aber wichtig, dass wir in erster Linie mit Menschen unterwegs sein und eine Beziehung zu ihnen aufbauen können. Das gibt uns eine relevante gemeinsame Basis, um über Gott zu sprechen. Wir wünschen Ihnen auch eine gesegnete Weihnachtszeit. Herzlich, Gino Brenni