Josia Zirngast im Gespräch mit einem Betroffenen.

Sichtbar sein, Vorurteile abbauen, Berührungspunkte schaffen: Die Öffnung nach aussen war von Anfang an ein wichtiger Aspekt, als die Sanierung des Wohnhauses für Menschen mit Beeinträchtigung an der Molkenstrasse Gestalt annahm. Dazu gehört auch ein Tag der offenen Tür: Am 1. Juni nutzten zahlreiche Nachbarn, Freunde und interessierte Passanten die Gelegenheit, einmal hinter die Fassaden dieses traditionsreichen Gebäudes zu blicken. Neben dem Erkunden des renovierten Hauses standen Begegnungen mit Bewohnerinnen und Bewohnern im Zentrum, die offen aus ihrem Leben erzählten. Mit ihrer ehrlichen Art konnten sie das Publikum schnell für sich gewinnen und sorgten für eine gelöste Stimmung. Auch die Mitarbeitenden trugen dazu bei und beantworteten geduldig und fachkundig viele Fragen. So brachten sie den interessierten Zuhörern das Konzept des betreuten Wohnens bei der Heilsarmee näher.

Kleine Schritte in Richtung Selbstständigkeit

Vor dem Tag der offenen Tür hatten die Bewohnerinnen und Bewohner schon ein halbes Jahr Zeit, sich an den neuen Wohnraum zu gewöhnen: Sie zogen zusammen mit der Belegschaft im Januar aus dem Provisorium an der Forchstrasse zurück ins Haus im Herzen von Zürich. Am Konzept des betreuten Wohnens hat sich nichts geändert – nach wie vor finden hier Menschen mit leichtem bis mittlerem Betreuungsbedarf ein Zuhause –, trotzdem profitieren Bewohnende und Mitarbeitende von der neuen Umgebung.

Ein Blick in den gern genutzten Hinterhof.

«Alles ist heller, zugänglicher und barrierefreier geworden. Das wirkt sich positiv auf die Stimmung aus», sagt Roger Berger, Institutionsleiter von Wohnen und Begleiten Zürich, und erklärt, welches Ziel mit dieser Art von Betreuung verfolgt wird: «Wir zeigen den Menschen, dass sie gebraucht werden, dass es immer etwas zu tun gibt, auch wenn jemand eingeschränkte Möglichkeiten hat. Wir möchten unseren Klientinnen und Klienten nicht nur einen Platz zum Wohnen anbieten, sondern sie individuell fördern, um mit kleinen Schritten selbstständiger zu werden.»

«Es geht um das Vermitteln von Hoffnung.»

Roger Berger Institutionsleiter

Betreutes Wohnen für Menschen mit Beeinträchtigungen

Das sanierte Wohnhaus an der Molkenstrasse bietet 65 Plätze für Menschen mit leichtem bis mittlerem Betreuungsbedarf. Das Angebot mitten im «Milieu» im Langstrassenquartier richtet sich an erwachsene Männer und Frauen mit psychischen Beeinträchtigungen oder Suchtproblemen. Sie werden von Bezugspersonen begleitet, mit denen sie auf individuelle Ziele hinarbeiten, um die Selbstständigkeit zu fördern.

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Eine Investition in die Zukunft

Obwohl die Notwendigkeit der Sanierung aufgrund von lecken Wasserleitungen überraschend kam, ist Roger Berger mit dem Umbau sehr zufrieden: «Wir wollten das Beste aus der Situation machen und das Potenzial des Gebäudes ausschöpfen.» Neben dringenden Reparaturen bot sich die Chance, das Haus offener und barrierefreier zu gestalten. Roger Berger sagt: «Wir kommen damit den Anforderungen der heutigen Zeit entgegen und bieten zukunftsgerichteten Wohnraum für Menschen mit Betreuungsbedarf. Eine solche Investition in die Zukunft ist ein motivierendes Zeichen für die Bewohnerinnen und Bewohner, aber auch für unsere Mitarbeitenden.» Zwischen den ebenfalls im Haus wohnenden Mieterinnen und Mietern und den Bewohnenden finden bei verschiedenen Gelegenheiten immer wieder Begegnungen statt. Solche Berührungspunkte fördern das gegenseitige Verständnis.

Die neu gestaltete Terrasse: eine kleine Oase inmitten der Stadt.

Eine offene Küche lädt zum gemeinsamen Kochen und Verweilen ein.

Wie das Haus, so die Menschen: Vielfältig und bunt

Auch Josia Zirngast aus dem Betreuungsteam bestätigt die positive Stimmung: «Wir waren überrascht, wie gut die Bewohnerinnen und Bewohner die neue Umgebung aufgenommen haben. Manche wohnen schon viele Jahre hier, für sie ist eine solche Veränderung ihres Zuhauses sehr speziell.»

Mehmet S. ist einer dieser Bewohner. Aufgrund einer psychischen Beeinträchtigung fällt es dem jungen Mann schwer, selbstständig zu wohnen. Als er eine für ihn problematische Wohngemeinschaft verlassen hatte, lebte er eine Zeit lang auf der Strasse. Er begann zu trinken und Drogen zu konsumieren, um seine Sorgen zu vergessen – bis er einen Zusammenbruch erlitt. Über eine psychiatrische Klinik fand er schliesslich seinen Weg hierher zur Heilsarmee.

Mehmet freut sich auf seinen Umzug in die Aussenwohngruppe.

Das war vor rund elf Jahren. Heute sagt er, das sei ein Glücksfall gewesen: «Ich habe eine Bezugsperson erhalten, die mich bei allem begleitet und mit der ich über alles reden kann. Zuerst ging es darum, wieder regelmässig zur Arbeit zu gehen. Dann lernte ich, mein Zimmer selbst zu reinigen und meine Termine zu organisieren. Es hat lange gedauert, aber jetzt habe ich es geschafft!» Man sieht Mehmet an, dass er überglücklich ist. Denn morgen ist ein grosser Tag für ihn: Dank seiner neuen Kompetenzen kann er in die Aussenwohngruppe umziehen – wo er nur noch auf wenig Betreuung angewiesen ist. Ein wichtiger Schritt hin zu seinem Ziel, bald in einer eigenen Wohnung selbstständig zu wohnen.

«Ich bin der Heilsarmee sehr dankbar, dass ich hier sein darf.»

Mehmet Bewohner

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