Stefan arbeitet neu als Koch
Stefan arbeitet neu als Koch

Stefan hat die Sucht überwunden und findet wieder Freude an seiner Arbeit als Koch.

Die tiefen Furchen im Gesicht von Stefan zeigen, dass er mit seinen 55 Jahren schon vieles erlebt hat. Dabei hatte sein Leben sehr friedlich begonnen. In seinem Geburtsjahr wurde das mit viel Eigenleistung erbaute Haus der Familie fertiggestellt. Hier wuchs Stefan mit zwei Geschwistern auf. An seine Kindheit und Jugend erinnert er sich gern, war dies doch eine glückliche und unbeschwerte Zeit.

Der Alkohol wird zum Wegbegleiter

Stefan hatte grosse Pläne für die Zukunft. Nach dem Ab­schluss seiner Kochlehre wollte er ins Ausland – reisen und die Welt kennenlernen. Aber es kam anders: «Ich lernte eine Frau kennen und sie wurde schwanger.» Stefan fiel die Entscheidung nicht schwer: «Die Familie geht vor. So blieb ich hier.» Um seine Familie ernähren zu können, arbeitete Stefan auf seinem gelernten Beruf. Als Koch sind die Tage meist sehr lang, dazu kommen die Wochenendeinsätze und allgemein der Stress, der für das Gastgewerbe typisch ist. Um nach den langen Abenden wieder herunterzufahren, be­gann er zu trinken. Der Alkohol beruhigte ihn, sodass seine Anspannung abfiel und er sich in der kurzen Ruhezeit wieder erholen konnte. Zu Beginn konnte Stefan den Alkoholkonsum noch gut kontrollieren.

Wohnungslos durch die Sucht

Dann kam das zweite Kind. Stefan realisierte, dass sich die Arbeit im Gastgewerbe und Familie nur schwer vereinbaren lassen. Zwar konnte er seine Familie ernähren, aber wirklich für sie da zu sein, war fast unmöglich. Oft schliefen die Kinder bereits, wenn er nach Hause kam. Auch konnte er seine Partnerin nur wenig bei der Kindererziehung und im Alltag unterstützen. Der Verdruss durch die Arbeit führte vermehrt zu Problemen in Stefans Privatleben. Gleichzeitig stiegen sein Alkoholkonsum und der Gehalt der alkoholischen Ge­tränke: «Der Alkohol wurde für mich immer wichtiger, um den Tag und seine Anforderungen zu überstehen.»

Stefan ist nachdenklich
Stefan ist nachdenklich

«Die Alkoholsucht hat mich Freunde, meine Frau, die Arbeit und die Wohnung gekostet.»

Nach 17 Jahren trennten er und seine Partnerin sich, der Alkohol blieb: «Ich wollte allein sein und der Alkohol ermög­lichte dies.» Der Alkoholkonsum stieg immer weiter. Stefan schob alles vor sich hin. Er wurde antriebslos, konnte die erwartete Leistung nicht mehr erbringen und verlor seine Stelle als Koch.

Und die Spirale drehte sich weiter abwärts. Die Alkoholsucht verhinderte, dass er eine neue Stelle fand. Er konnte die Miete nicht mehr bezahlen und verlor seine Wohnung. So kam er im Dezember 2013 ins Passantenheim Thun der Heilsarmee. Aber Stefan blieb im selben Fahrwasser. Er besuchte weiter seine Freunde am Bahnhof, trank mit ihnen und liess den Tag vergehen. «An manchen Tagen konn­te er bei seiner Rückkehr kaum mehr gehen und kroch auf allen Vieren in sein Zimmer», erklärt Kurt Hanhart, Leiter des Passantenheims.

Passantenheim Thun – ein Haus zum Wohnen und zum Leben

Im Passantenheim der Heilsarmee Thun finden ob­dachlose Menschen vorübergehend eine Unterkunft. Einige Bewohnerinnen und Bewohner bleiben längere Zeit – bis es ihre Lebenssituation ermöglicht, in einer eigenen Wohnung oder an einem Therapieplatz den Start in ein neues Leben zu wagen. Das Passanten­heim liegt zentral und verfügt über 15 Betten. Kurt Hanhart, der das Heim leitet, sagt: «Wir bieten rund ums Jahr vielen gestrandeten Menschen einen Ort der Geborgenheit und Wärme, der Zuwendung und Hilfe, ja sogar ein Stück Heimat. Wir geben ihnen Wertschätzung, sehen das Wertvolle in ihnen und unterstützen sie beim Lösen ihrer Probleme.»

Seit Juni 2021 hat Stefan nun wieder eine Stelle als Koch auf dem ersten Arbeitsmarkt und seit September braucht er auch keine Hilfe mehr vom Sozialamt. «Die Heilsarmee hat zu mir geschaut. Sie gab mir ein Dach über dem Kopf und ist mir beigestanden – auch, wenn ich total betrunken aufkreuzte», führt Stefan aus. «Jetzt fehlt mir noch eine eigene Wohnung und dann habe ich mein Leben wieder», ergänzt er. Einen weiteren Wunsch hat Stefan noch: «Eine Frau an meiner Sei­te wäre schön. Mein Leben war lange genug kompliziert und ich war lange genug allein. Noch zehn Jahre arbeiten und dann einfach glücklich leben.»

Zeige 0 Kommentare

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    Diese Seite ist durch reCAPTCHA und Google geschütztDatenschutz-Bestimmungen UndNutzungsbedingungen anwenden.

    The reCAPTCHA verification period has expired. Please reload the page.

    This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.

Unterstützen

Dank Ihrer Spende erhalten Menschen ein Dach über dem Kopf, eine warme Mahlzeit, sinnvolle Beschäftigung und ein offenes Ohr. Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

Kampagnenbild Heilsarmee „Der letzte Obdachlose der Schweiz“.
Kampagnenbild Heilsarmee „Der letzte Obdachlose der Schweiz“.

Ihre Spende

Zurück nach oben