Vielleicht haben Sie sich auch schon gefragt: Was kann ich tun, um obdachlosen Menschen zu helfen – gerade im Winter, wenn die Bedingungen auf der Strasse besonders rau sind? Ist es etwa sinnvoll, Geld zu geben? Wir haben einige praktische Tipps zusammengestellt.
Oft verbringen obdachlose Menschen die Tage draussen, da sie die Notunterkünfte tagsüber verlassen müssen. Dort sind sie Wind, Wetter, Kälte, Hitze ausgesetzt – und Nichtbeachtung oder herabschauenden Blicken von Passantinnen und Passanten.
Vielleicht begegnen Sie ihnen, unterwegs in der Stadt, und Sie möchten gerne helfen. Aber Sie sind sich nicht sicher wie?
In Zusammenarbeit mit erfahrenen Fachpersonen aus unseren Obdachlosen-Einrichtungen und -Hilfsprojekten haben wir für Sie nachfolgende Liste mit konkreten Tipps zusammengestellt. Herzlichen Dank, dass das Schicksal obdachloser Menschen Sie nicht gleichgültig lässt!
Unsere Tipps: So können Sie Obdachlosen helfen
1. Schenken Sie ein Lächeln
Bild: Sven Ellger
Die meisten obdachlosen Menschen freuen sich, wenn sie einfach wahrgenommen werden und man ihnen mit Respekt und Wertschätzung begegnet. Sie schätzen einen freundlichen Gruss, ein Lächeln, ein nettes Wort, ein Gespräch.
2. Geld geben?
Es gibt auf diese Frage keine pauschal richtige Antwort, aber gute Gründe dafür sowie nachvollziehbare Bedenken dagegen.
Geld geben, oder nicht?
Pro Geld geben 👍
Geld ermöglicht selbstbestimmtes Handeln, statt Bevormundung – die Person kann z. B. Zeitpunkt und Produktwahl selbst treffen.
Mit dem Generalverdacht, «Geld wird eh nur für Alkohol oder Drogen ausgegeben» tut man abstinenten Personen Unrecht.
Suchtkranke können ihre Sucht nicht einfach kurzfristig abstellen oder auf ihr Rauschmittel verzichten, ohne teilweise starke Entzugserscheinungen zu erleiden.
Mit ausreichenden finanziellen Mitteln kommt die Person nicht in den Gewissenskonflikt, sich Geld auf kriminelle oder entwürdigende Weise zu beschaffen.
Contra Geld geben 👎
Es ist nicht auszuschliessen, dass Ihr Geld letztlich beim nächsten Spirituosenhändler, Dealer oder «Bettelbanden-Chef» landet.
Gerade in der Schweiz gibt es zahlreiche Standorte, an denen Essen/Lebensmittel kostenlos bezogen werden können.
Es können ungesunde Muster verfestigt werden, indem jemand sich mit der Position des Hilfsempfängers dauerhaft arrangiert und keinen zwingenden Grund sieht, an seiner Gesamtsituation etwas zu ändern.
Almosen sind keine nachhaltige Lösung für Menschen in einer prekären Lage.
Ob und wie viel Sie geben, entscheiden Sie selbst. Was der empfangende Mensch mit dem Geld macht, sollte man wiederum ihm überlassen – auch mit dem Wissen, dass das Geld vielleicht nicht so eingesetzt wird wie erhofft. Setzen Sie sich eventuell einen Rahmen für Ihr Spendenverhalten, legen Sie also beispielsweise einen wöchentlichen Höchstbetrag fest.
3. Nach den Bedürfnissen fragen
3. Nach den Bedürfnissen fragen
Wenn Sie nicht einfach Geld geben möchten: Fragen Sie die Person nach ihren Bedürfnissen. Je nach Möglichkeit können Sie dann entsprechend handeln und zum Beispiel gezielt einkaufen. Das kann sehr unterschiedlich aussehen: ein heisses Getränk, eine warme Fertigmahlzeit, haltbare Lebensmittel, Medikamente, ein ÖV-Ticket oder ein paar warme Socken. Überlegen Sie sich am besten im Voraus, was Sie bereit wären zu finanzieren und in welchem Umfang.
Haben Sie jedoch Verständnis dafür, wenn jemand Ihr Angebot ablehnt. Obdachlose sind Menschen, die – wie wir alle – eigene Vorlieben haben und nicht zu jedem Zeitpunkt auf alles Lust haben, was ihnen irgendjemand gerade vorsetzt. Und: Auch uns ist nicht immer danach, von Fremden angesprochen zu werden.
4. Hygiene-Toolkit
Etwas, das von den meisten obdachlosen Menschen sehr geschätzt wird, sind Hygieneartikel.
Sie können «Hygienebeutel» vorbereiten und verschenken (natürlich auch hier die betreffende Person zuerst fragen, ob sie Bedarf dafür hat).
Um auf die unterschiedlichen Bedürfnisse einzugehen, macht es dabei Sinn, für Männer und Frauen teilweise unterschiedliche Artikel einzupacken. Hier ein paar Produkte, die erfahrungsgemäss für Menschen auf der Strasse sinnvoll sind:
Zahnpasta/Zahnbürste/Zahnseide
Deo
Duschgel
Shampoo/Trockenshampoo
Hygiene-Handgel
Hautcreme, im Sommer Sonnenschutzcreme
Lippenbalsam
Pflaster/Verbandsrolle
Papiertaschentücher
Rasierer/Rasierschaum für Männer
Tampons/Binden für Frauen
Wichtig: Möglichst nur Probier-/Reisegrössen der Produkte kaufen, da obdachlose Menschen in der Regel nicht Platz für viel Gepäck haben. Die meisten Drogerien oder Grossverteiler haben diese Kleingrössen im Angebot.
5. Im Winter für Wärme sorgen
Während der kalten Jahreszeit setzt die Witterung obdachlosen Menschen stark zu. Sie können Wärme spenden, indem Sie ihnen intakte und saubere Winterkleidung, Handschuhe und dicke Socken schenken.
Und im Sommer?
Dass Minusgrade Menschen auf der Strasse zu schaffen machen, ist den meisten klar. Doch auch die Sommermonate bringen Herausforderungen mit sich. An heissen Tagen werden viele Obdachlose gerne eine Flasche Wasser annehmen. Auch eine kleine Tube Sonnenschutzcreme ist für viele Personen hilfreich, da in den Innenstädten schattige Rückzugsorte rar sein können.
Auch Isomatten und Schlafsäcke sind gefragt. Am besten schützen Militärschlafsäcke oder Outdoor-Schlafsäcke gegen Nässe und Kälte.
Da wohnungslose Menschen keine Dusche oder Waschmaschine haben, können Sie immer frische, wetterentsprechende Wechselkleidung anbieten. Auch Rucksäcke sind häufig und zu jeder Jahreszeit willkommen.
Und im Sommer?
Dass Minusgrade Menschen auf der Strasse zu schaffen machen, ist den meisten klar. Doch auch die Sommermonate bringen Herausforderungen mit sich. An heissen Tagen werden viele Obdachlose gerne eine Flasche Wasser annehmen. Auch eine kleine Tube Sonnenschutzcreme ist für viele Personen hilfreich, da in den Innenstädten schattige Rückzugsorte rar sein können.
6. Notfälle erkennen
Wenn Sie einen obdachlosen Menschen treffen, der kaum geschützt in der Kälte liegt, oder dem es offensichtlich nicht gut geht, ist es legitim, nachzufragen, ob er Hilfe benötigt.
Falls ja: In den meisten Städten gibt es Hilfsorganisationen, Anlaufstellen oder Kältepatrouillen, die Sie kontaktieren können und die sich dann kümmern (googeln Sie beispielsweise nach «Telefonnummer Obdachlosenhilfe [Angabe Ihrer Stadt]»).
Wenn die Person nicht reagiert oder bei unklarem Gesundheitszustand ist, sollte man auf jeden Fall einen Krankenwagen rufen.
7. Auf Augenhöhe – aber mit der nötigen Distanz
Reden Sie im wahrsten Sinne nicht von oben herab, sondern begegnen Sie obdachlosen Menschen respektvoll, auf Augenhöhe. Gleichzeitig brauchen Sie kein schlechtes Gewissen zu haben, auch mal «Nein» zu sagen, wenn Sie angesprochen werden und Sie in dem Moment nicht helfen können oder möchten.
Bei aller Hilfsbereitschaft: Schützen Sie sich selbst. Geben Sie beispielsweise weder Ihre Adresse noch Telefonnummer weiter. Fremde Personen, die eine Unterkunft brauchen, vermitteln Sie besser an eine darauf spezialisierte Organisation oder Notschlafstelle, als diese privat bei sich unterzubringen.
8. Spenden an karitative Organisationen
Eine mögliche Alternative und/oder gute Ergänzung zur direkten Hilfe ist es, gemeinnützige Organisationen zu unterstützen, die sich gezielt für obdachlose Menschen einsetzen. So kommt Ihre Hilfe garantiert und nachhaltig bei den betroffenen Menschen an:
Teilt euer Brot mit den Hungrigen, nehmt Obdachlose bei euch auf, und wenn ihr einem begegnet, der in Lumpen herumläuft, gebt ihm Kleider! Helft, wo ihr könnt, und verschliesst eure Augen nicht vor den Nöten eurer Mitmenschen!
Jesaja 58:7
Obdachlosigkeit in der Schweiz
Mehr zu den Hintergründen, Zahlen und Fakten über die Obdachlosigkeit in der Schweiz lesen Sie in diesem Blogartikel:
Irene Gerber
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