Zum Thema «Zuhause» hat Frau Fuss eine klare Haltung: «Ein Zuhause bedeutet, sich wohl, sicher und frei zu fühlen. Es bedeutet, zuhause zu sein. Bei unserem Haus war das so. Es war einfach heimelig.»
Aus einem Haus wird ein Zuhause
Als Frau Fuss vor vielen Jahrzehnten mit ihrem Mann in ihr gemeinsames Haus zog, zog auch die Musik ein. Als junges Mädchen hatte sie in verschiedenen Chören mitgesungen. Die Liebe zur Musik begleitete sie über all die Jahre. In der Sammlung von Frau Fuss fand sich (fast) alles – vom kleinen, aber feinen Streichquartett bis hin zur orchestralen Symphonie. Oft erfüllten klassische Klänge grosser Meister die Räumlichkeiten ihres Daheims.
Nebst der Musik gehörte auch das Lesen zu den Leidenschaften von Frau Fuss. In ihrer gut ausgestatteten Bibliothek standen Bücher, die einem in andere Welten entführten, spannende Abenteuer erleben liessen und ihren Wissensdurst zu verschiedensten Themen stillten. Ihr Lieblingsbuch war aber immer die Bibel. Überhaupt spielte der Glauben im Leben von Frau Fuss immer eine wichtige Rolle. Er stärkte sie in ihren Entscheidungen und half ihr über schwere Zeiten und Schicksalsschläge hinweg.
Über all die Jahre pflegte und hegte Frau Fuss das Haus, füllte es mit Liebe und Erinnerungen und machte so ein Zuhause daraus. Hier zog sie ihre Tochter und die von ihrem Mann in die Ehe mitgebrachten Kinder gross und verbrachte viele unvergessliche Stunden mit ihrem Mann. Frau Fuss liebte ihr Zuhause. Für nichts auf dieser Welt, wollte sie ihr heimeliges Reich verlassen – nicht nach dem Tod ihres Mannes und auch nicht nach den beiden Beinbrüchen vor 30 Jahren. Trotz Physiotherapie und langem Hoffen konnte sie nicht mehr gehen. Doch Frau Fuss verzweifelte nicht. Zum einen half ihr der Glauben, zum anderen war ihr ihre Tochter eine grosse Stütze.
Frau Fuss und die Heilsarmee
Fast ihr ganzes Leben hat Frau Fuss im Umland von La Chaux-de-Fonds verbracht. So kam sie schon als kleines Mädchen mit der Heilsarmee in Kontakt. Später als Mitglied der evangelischen Freikirche gab es auf Konferenzen und Treffen immer wieder Berührungsmomente. Und als ihr Mann sich zum Glauben bekannte, tat er dies ebenfalls bei der Heilsarmee. «Die Heilsarmee war wie ein zweites Zuhause für ihn», erklärt Frau Fuss. Nach ihren beiden Beinbrüchen verbrachte sie die Reha im «Le Foyer» der Heilsarmee in Neuenburg. Damit sie trotz Rollstuhl weiter in ihrem Zuhause bleiben konnte, unterstützte sie der Spitexdienst der Heilsarmee La Chaux-de-Fonds in ihrem Alltag.
«Ich bin sehr dankbar. Ich habe mein Ende in einem Pflegeheim nicht gesehen, aber ich fühle mich zuhause. Also geht es mir gut. Ich bin zufrieden.»
Ein neues Zuhause
Trotz der Unterstützung ihrer Tochter und der Heilsarmee wurde es für Frau Fuss zusehends schwieriger, ihren Alltag zu bewältigen. Nach einem weiteren Sturz war klar, zuhause konnte sie nicht mehr bleiben. Aber wenn sie ihr geliebtes Zuhause schon aufgeben musste, dann wollte sie nicht in irgendein Altersheim – am liebsten ins Alterswohnheim «Le Foyer» in Neuenburg. Nach Rücksprache mit der Heimleitung stand schnell fest, dass Frau Fuss einziehen kann.
Seit September 2021 zählt nun auch Frau Fuss zu den Bewohnenden des «Le Foyer». Viel mitgenommen in ihr neues Zuhause hat sie nicht. Die Musiksammlung und die Bücher – bis auf die Bibel – hat sie weggegeben. Zum einen fehlt ihr der Platz in ihrem neuen Zimmer und zum anderen braucht sie nicht viel, um sich wohlzufühlen: «Ich brauche keine aussergewöhnlichen Dinge. Mir geht es gut.» Nebst der Bibel begleiteten sie ein kleines von ihrem Mann gezimmertes Möbelstück, die vier Jahreszeiten als Stickereien, die ebenfalls ihr Mann machte, sowie ihre Stick- und Stricknadeln in ihr neues Daheim.
Inzwischen hat sich Frau Fuss eingelebt. In ihrem liebevoll eingerichteten Zimmer findet sich nebst den Andenken an ihr Leben auch eine kleine Fotogalerie mit ihren Liebsten. Bis vor Kurzem hat sie noch fleissig gestrickt, um die Beweglichkeit ihrer Finger weiter zu trainieren, was ihr inzwischen schwerfällt. Aber das Sticken gibt sie noch nicht auf. So findet man sie an schönen Tagen mit ihrer Stickerei auch gern mal auf der sonnigen Terrasse des Le Foyer. Die dreifache Urgrossmutter löst auch gern Kreuzworträtsel, «um den Kopf fit zu halten», wie sie mit einem Schmunzeln sagt. Sie geniesst jeden Tag, der ihr noch gegeben ist: «Mein Wunsch war es, zur Heilsarmee zu kommen. Ich kann mir nicht mehr wünschen: Jetzt bin ich zu Hause!»
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Judith Nünlist
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