Gemeinsam gehts einfacher: Obdachlosigkeit lindern
Gemeinsam gehts einfacher: Obdachlosigkeit lindern

Obdachlosigkeit

Auch in der wohlhabenden Schweiz gibt es tausende Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben. Für sie stellt Obdachlosigkeit eine schmerzliche Realität dar, die sie jeden Tag aufs Neue erleben müssen. Gerade im Winter leiden Menschen ohne Obdach am meisten. Erfahren Sie mehr!

Hilfsangebot finden

Viele Wege führen auf die Strasse

Ein paar Mal falsch abgebogen und auf der Strasse gelandet. – Die Heilsarmee setzt sich tagtäglich für obdachlose Menschen in der Schweiz ein, damit ein Leben in der Obdachlosigkeit nicht in einer Sackgasse endet.

Wie wird Obdachlosigkeit definiert?

Obdachlosigkeit kennt viele Gesichter und lässt sich gar nicht so einfach definieren. Eine breit anerkannte Definition hat die FEANTSA – der europäische Dachverband der Wohnungslosenhilfe – formuliert.

Als obdachlos werden Menschen ohne eigene Unterkunft bezeichnet, die in Bereichen des öffentlichen Raums leben und schlafen. Diese Menschen, die draussen übernachten, werden als sogenannte Rough Sleepers bezeichnet. Als obdachlos gelten zudem Menschen, welche die Nacht in Notschlafstellen und anderen niederschwelligen Einrichtungen verbringen. Als entscheidendes Kriterium gilt hier, dass diese Einrichtungen tagsüber geschlossen und für Betroffene nicht zugänglich sind.

In der von Fachkreisen international breit anerkannten ETHOS-Typologisierung von Obdach- und Wohnungslosigkeit hat die FEANTSA drei weitere Typen einer unzureichenden Wohnsituation definiert: (2)

Wohnungslos

Wohnungslos gelten Menschen, die in Einrichtungen mit einer begrenzten Aufenthaltsdauer leben. Dazu gehören Übergangswohnheime und Dauereinrichtungen für Wohnungslose, Notwohnungen, Flüchtlingsunterkünfte und Herbergen. Auch Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt wurden und Zuflucht in einem Frauenhaus finden, gelten als wohnungslos. Eine weitere Kategorie bilden Menschen, die aufgrund von fehlenden Wohnmöglichkeiten nicht aus einer Haft, medizinischer Einrichtung oder Jugendheim entlassen werden können. 

Ungesichertes Wohnen

Ungesichertes Wohnen bezeichnet die Wohnsituation von Menschen, die illegal in einer Unterkunft leben, bei Dritten Unterschlupf gefunden haben oder die von einer richterlich angeordneten Zwangsräumung der eigenen Wohnung bedroht sind. Menschen leben zudem in ungesicherten Verhältnissen, wenn ihnen trotz Polizeischutz in der eigenen Wohnung Gewalt droht. 

Ungenügendes Wohnen

Ungenügendes Wohnen beschreibt Menschen, die in einer nicht für Wohnzwecke gedachten Unterkunft leben. Dazu gehören etwa Wohnwägen, Garagen, Keller, Dachböden, Zelte oder Abbruchhäuser. Auch ein unzulässiges Unterschreiten der Mindestanforderungen an Wohnquadratmetern pro Person gilt als ungenügendes Wohnen.

Wie viele Obdachlose gibt es in der Schweiz?

Aus Umfrageergebnissen einer Studie der Hochschule für Soziale Arbeit Nordwestschweiz (FHNW) (PDF), die im Auftrag des Bundesamts für Wohnungswesen (BWO) erstellt wurde, wird für das Jahr 2022 geschätzt, dass rund 2’200 Menschen in der Schweiz von Obdachlosigkeit betroffen und etwa 8’000 Menschen von Wohnungsverlust bedroht sind. Die Angaben basieren auf einem Schätzwert. Genaue Zahlen gibt es wegen einer fehlenden systematischen Erhebung der Daten in der Schweiz keine. Da an dieser Umfrage nur 28% aller Schweizer Gemeinden teilnahmen, kam eine Hochrechnung zum Schluss, dass in der Schweiz bis zu 3’810 Menschen in Obdachlosigkeit leben und 16’355 vom Verlust ihrer Wohnung bedroht sein könnten. (1)

Im Vergleich mit anderen europäischen Staaten und den direkten Nachbarländern ist in der Schweiz die Anzahl obdachloser Menschen eher tief. (3)

Obdachloser auf der Strasse. @ unsplash, Matheus Ferrero
Obdachloser auf der Strasse. @ unsplash, Matheus Ferrero

Gesamthaft wird geschätzt, dass rund 2’200 Menschen in der Schweiz von Obdachlosigkeit betroffen und etwa 8’000 Menschen von Wohnungsverlust bedroht sind.

Gemäss Studie des Bundesamts für Wohnungswesen (BWO, 2021)

Wie die Heilsarmee obdachlosen Menschen hilft

Nebst einem eigenen breiten sozialdiakonischen Angebot, das zu einem grossen Teil mit Spenden finanziert wird, übernimmt die Stiftung Heilsarmee Schweiz auch öffentliche soziale Aufgaben der Kantone. Hilfsbedürftige Personen profitieren hierbei von der jahrelangen Expertise der Heilsarmee als kantonaler Leistungserbringer, insbesondere im Bereich Wohnen und Obdachlosigkeit.

Frommherz Thomas – Projektleiter Housing First, Heilsarmee Basel

«Die Umsetzung von Housing First braucht Mut, denn Wohnen ist ein Grundrecht für jeden Menschen und darf nicht am Betrei­bungs­register­auszug scheitern.»

Valérie Spagna

«In der heutigen Zeit sollte niemand mehr im Freien schlafen müssen. Das Problem der Obdach­losigkeit muss beendet werden.»

Franz Dillier- Leiter Passantenheim Bern, Heilsarmee

«2022 leistete das Passantenheim Bern mehr als 22'000 Übernachtungen für über 900 Menschen, die in der Stadt Bern in eine Wohn-Not geraten sind.»

Zwei Pfeiler zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit

Die Heilsarmee baut bei ihrer Obdachlosenhilfe auf zwei Pfeiler.

Kampagnenbild Obdachlosigkeit
Kampagnenbild Obdachlosigkeit

Obdachlosigkeit ist für tausende Menschen in der Schweiz tagtäglich traurige Realität: Lassen wir sie nicht im Regen stehen!

Unser Angebot

Übernachtung
in Notunterkünften

In mehreren Städten der Deutsch- und Westschweiz führen wir Notunterkünfte für wohnungs- und obdachlose Menschen. Hier finden Betroffene niederschwellig ein Bett für die Nacht oder mehrere Tage, Verpflegung sowie eine Duschmöglichkeit.

Wohnheime für
Erwachsene

In unseren Wohnheimen finden unter anderem Menschen, die aus einer Obdachlosigkeit kommen, ein mittel- oder längerfristiges Zuhause. Oft werden die Wohnangebote durch eine sinnvolle Tagesstruktur ergänzt.

Housing
First

Housing First Basel ist ein Pilotprojekt der Heilsarmee in Zusammenarbeit mit der Sozialhilfe Basel-Stadt. Ziel ist es, Menschen aus einer langwierigen Obdachlosigkeit zu einer eigenen Wohnung zu verhelfen.

Versorgung mit dem
Notwendigsten

Die Heilsarmee betreibt für Menschen in Not an mehreren Standorten Kleidersammelstellen, Lebensmittelabgaben, Take Aways sowie Kaffeestuben und bietet Passanten warme Menüs zum Selbstkostenpreis an. Zudem versorgen wir obdachlose Menschen im Rahmen unserer aufsuchenden Sozialarbeit.

Beratung &
ein offenes Ohr

In unseren Sozialberatungsstellen, Passantenhilfen und weiteren Anlaufstellen der Heilsarmee erhalten unter anderem Menschen in einer Obdachlosigkeit konkrete Hilfestellungen. Wir hören zu, helfen beim Lösen individueller Probleme und suchen gemeinsam Wege, um die persönliche Lebenssituation zu verbessern.

Passendes Hilfsangebot finden

FINTA-Header-3

Frauen/FINTA-Notschlafstelle Bern

Die Notunterkunft für obdachlose FINTA schafft ein sicheres Übernachtungsangebot als Übergangslösung in der Stadt Bern.

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Aufenthaltsraum, Les Maraïchers Genf (2025)

Les Maraîchers

Das Projekt «Les Maraîchers» im Herzen der Stadt Genf richtet sich an Männer, die Sozialhilfe beziehen und sich in einem Wiedereingliederungsprozess befinden. Es bietet ihnen eine eigenständige Wohnlösung sowie eine individuelle Begleitung, um ihre Selbstständigkeit wiederzuerlangen.

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7

Bel’Espérance

Bel'Espérance ist eine Einrichtung der Stiftung Heilsarmee Schweiz, die Frauen und Kinder in prekären Lebenssituationen aufnimmt. 30 Plätze stehen obdachlosen Frauen zur Verfügung, die bedingungslos aufgenommen werden, und 21 Plätze sind für Frauen in der Sozialhilfe ohne Wohnlösung reserviert, einige davon mit Kindern.

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WohnBeratung Bern

Die Wohnberatung bietet Unterstützung für Wohnungssuchende in der Stadt Bern.

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Haus Göbli Zug

Notwohnen
Haus Göbli

Im neu eröffneten Haus Göbli im Norden der Stadt Zug stehen auf sechs Etagen 30 möblierte Notzimmer zur Verfügung. Das Angebot von «Notwohnen Haus Göbli» richtet sich an Einzelpersonen, Paare oder Familien, die sich in einer akuten Wohnungsnot befinden.

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Kinder- und Jugendhaus Paradies: Schildkröte füttern

Kinder- & Jugendhaus Paradies

Das Kinder- & Jugendhaus Paradies ist eine sozialpädagogische Wohneinrichtung für junge Menschen im Vorschul- bis zum Lehrlingsalter. Hier finden sie einen sicheren Ort, an dem sie Vergangenes verarbeiten und Neues erlernen können.

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Le Passage Genf

In der zentral gelegenen Notschlafstelle erhalten wohnungs- oder obdachlose Menschen in Genf eine vorübergehende Unterkunft.

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EMS Résidence Amitié

Alters- und Pflegeheim Résidence Amitié

Die Résidence Amitié ist eine soziomedizinische Einrichtung im Zentrum von Genf, die älteren Menschen mit erhöhtem Pflegebedarf einen Platz zum Wohnen bietet.

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La Marmotte,  Lausanne – Armee du Salut

«La Marmotte» – Notschlafstelle in Lausanne

In der Notunterkunft «La Marmotte» in Lausanne finden wohnungs- und obdachlose Menschen schnell und unkompliziert ein Bett für die Nacht.

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Welche Menschen sind vermehrt von Obdachlosigkeit betroffen?

  • Insbesondere Sans-Papiers betroffen 61% der obdachlosen Menschen in der Schweiz besitzen keine gültigen Aufenthaltspapiere.
  • Fehlende Inansspruchenahme der Sozialhilfe 89% der Betroffenen beziehen keine Sozialhilfeleistungen.
  • Deutlich mehr Männer 83% der obdachlosen Menschen sind männlich.

Klicken Sie auf folgenden Link, um einen Überblick über die wichtigsten Studienergebnisse zu erhalten.

mehr zur Studie

Soforthilfe der Heilsarmee

Der Umstand, dass viele obdachlose Menschen in der Schweiz keine Sozialleistungen beziehen oder keinen Anspruch darauf haben («Sans-Papiers»), hat die Heilsarmee dazu veranlasst, diesen Menschen in Not vermehrt niederschwellige Hilfsangebote anzubieten. Ohne diese Soforthilfen würden viele von ihnen durch jegliche Maschen des sozialen Auffangnetzes rutschen und kaum Zugang zu Hilfeleistungen haben. Da diese Soforthilfen der Heilsarmee für obdachlose Menschen häufig nicht staatlich subventioniert sind, werden diese oftmals vollständig durch Spendengelder getragen.

Mit einer Spende helfen Sie, obdachlose Menschen aus ihrer Notlage zu befreien.

Welches Recht auf Unterstützung haben obdachlose Menschen in der Schweiz?

Welche Rechtsansprüche haben in der Schweiz Menschen ohne Obdach und wie ist eigentlich die Zuständigkeit geregelt? – Hier finden Sie die drängendsten Fragen und Antworten zur Rechtssituation obdachloser Menschen in der Schweiz.

Muss der Staat Menschen in einer Obdachlosigkeit helfen?

In der Schweizerischen Bundesverfassung (Art. 12 BV) ist grundsätzlich festgeschrieben, dass Menschen, die in Not geraten sind und nicht mehr in der Lage sind, für sich zu sorgen, Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel haben, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. Auf dieser Grundlage können Menschen in einer Notsituation, gewisse Ansprüche an den Staat geltend machen. Dies schliesst mit ein, dass für Menschen in einer Obdachlosigkeit oder in prekären sowie ungenügenden Wohnverhältnissen eine angemessene Unterkunft – wie beispielsweise ein Bett in einer Notschlafstelle – zur Verfügung gestellt werden muss. Der Zustand der Obdachlosigkeit an sich, begründet in der Schweiz aber keinen gültigen Rechtsanspruch. (1)

Gibt es ein Recht auf Wohnen in der Schweiz?

Ein einklagbares Recht auf Wohnen existiert in der Schweiz auf nationaler Ebene nicht. Jedoch haben einige Kantone das Recht auf Wohnen in ihren Verfassungen niedergeschrieben. (8) Der Staat verpflichtet sich grundsätzlich nur dazu, sich in Zusammenarbeit mit den Kantonen dafür einzusetzen, dass Wohnungssuchende geeigneten bezahlbaren Wohnraum für sich und ihre Familien finden können (Art. 41 BV).

Haben Menschen in einer Obdachlosigkeit Anrecht auf Sozialhilfe?

Mit einigen Ausnahmen haben alle in der Schweiz lebenden Menschen Anrecht auf Sozialhilfe, die nicht mehr in der Lage sind, die Grundversorgung für sich und die eigene Familie sicherzustellen. Falls nicht genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, können obdach- und wohnungslose Menschen auf dieser Rechtsgrundlage staatliche Finanzhilfen für sich geltend machen. Die Sozialhilfe fungiert dabei als letztes Auffangnetz und schützt Menschen vor absoluter Armut. Die Kantone und Gemeinden sind dafür verantwortlich, die Bedürftigkeit von Personen zu klären und ihnen allenfalls entsprechende finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen. (9) Tatsächlich nehmen schätzungsweise nur rund 11% der obdachlosen Menschen auch Sozialhilfeleistungen in Anspruch. (3)

Welche Menschen haben in der Schweiz trotz einer Notlage kein Anrecht auf Sozialhilfe?

Nicht alle Menschen, die sich in der Schweiz aufhalten, haben auch Anrecht auf Sozialhilfe. Zu diesen Personengruppen gehören Touristen, abgewiesene Asylsuchende sowie Ausländer ohne gültige Aufenthaltsbewilligung – sogenannte «Sans-Papiers». (9) Die Schweizerische Bundesverfassung garantiert aber allen Menschen in der Schweiz – unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus – unveräusserliche Menschenrechte. Damit verfügen in der Schweiz auch «Sans-Papiers» über soziale Grundrechte, die sie für Nothilfe in Form von Naturalleistungen berechtigt. In einer akuten Notsituation haben auch sie Anrecht auf Nahrung, Unterkunft, Kleidung und medizinische Grundversorgung. (6)

Wer ist in der Schweiz für Menschen zuständig, die kein Obdach haben?

Der schweizerische Staat agiert in seinem sozialen Auftrag, bedürftige Menschen in Not zu unterstützen, in erster Linie in der föderalistischen Zuteilung und Weisung von Verantwortlichkeiten. Die Zuständigkeit wird bereits in der Schweizerischen Bundesverfassung (Art. 115 BV) vom Staat an die jeweiligen Kantone übergeben. Die gesetzliche Ausgestaltung und Durchführung von sozialen Unterstützungsleistungen liegen in der Kompetenz der jeweiligen Kantone und Gemeinden. (1)

Können Kantone und Gemeinden ihre staatlichen Aufgaben an NGOs übergeben?

Die öffentlichen Stellen haben die Möglichkeit, ihre sozialstaatlichen Verpflichtungen teilweise oder auch gänzlich an private Leistungserbringer – wie beispielsweise die Heilsarmee – zu übergeben. Diese nehmen im Auftrag des Kantons unter strengen Auflagen und Kontrollen stellvertretend dessen sozialen Aufgaben wahr.

Welche Anlaufstellen gibt es für obdachlose Menschen?

Eine schweizweite Online-Befragung von insgesamt 618 Gemeinden hat ergeben, dass aus Sicht der Kommunen die wichtigsten Anlaufstellen für obdachlose oder von Wohnungsverlust bedrohte Menschen der Sozialdienst oder die Gemeindeverwaltung sei. Danach kämen Kirchen, spezialisierte Institutionen wie beispielsweise Notschlafstellen, Hilfswerke, medizinische Einrichtungen oder die Polizei. (1)

Zitierte Quellen

Gründe für Obdachlosigkeit - Warum bleibt jemand obdachlos?

Forscher der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) haben zusammen mit Prof. Dr. Jörg Dittmann die erste schweizweite Studie zum Thema Obdachlosigkeit in der Schweiz durchgeführt. Erste Resultate haben wir bereits in unserem Bericht vom 15. November 2021 veröffentlicht – Draussen zu Hause – die Obdachlosigkeit in der Schweiz! Inzwischen liegen die definitiven Resultate dieser Studie vor. Dazu wollten wir von Prof. Dr. Jörg Dittmann anhand von uns bekannten Einzelschicksalen wissen, wie diese Menschen obdachlos geworden sind und vor allem, warum sie ohne Obdach bleiben.

Das sagt die Forschung zu Einzelschicksalen von Obdachlosigkeit

Diese vier Menschen wurden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Heilsarmee im Sommer 2021 interviewt. Für diesen Bericht haben wir ihre Lebensgeschichte nur stichwortartig festgehalten. Im Fokus steht hier die Antwort der Wissenschaft auf ihre beschriebene Situation.

Ein obdachloser Mensch unterwegs auf der Strasse.
Ein obdachloser Mensch unterwegs auf der Strasse.

Christine - kein fester Wohnsitz, kein Geld, verweigert Sozialhilfe, Rechtsstreit, Einsamkeit.

Das sagt die Forschung:

Christines ablehnende Haltung gegenüber der Sozialhilfe ist kein Einzelfall. Zu den Leistungen der Sozialhilfe gehört zwar, eine geeignete Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Jedoch beziehen viele armutsbetroffene Menschen keine Sozialhilfe. Nach den Ergebnissen der von der Hochschule Soziale Arbeit FHNW durchgeführten schweizerischer Nationalfonds-Studie zur Obdachlosigkeit in acht der grössten Schweizer Städte waren 91 Prozent der Personen, die draussen übernachteten und 81 Prozent der Menschen, die in einer Notschlafstelle unterkamen, nicht bei der Sozialhilfe gemeldet. Nicht bei der Sozialhilfe angemeldet zu sein, kann viele Gründe haben: Menschen verzichten trotz Notlage, die Sozialhilfe aufzusuchen, da ihnen die Anspruchsberechtigung fehlt. Sie besitzen z.B. keine gültigen Aufenthaltspapiere. Die Fachdiskussion weist auf das Misstrauen der Obdachlosen hin und ihre negativen Erfahrungen gegenüber staatlichen Behörden. Auch Scham, vom Staat Geld zu erhalten oder die Angst, sich (weiter) zu verschulden oder bestehende Schulden zurückzahlen zu müssen, gehören zu den wichtigsten Gründen für die Nichtinanspruchnahme der Sozialhilfe.

Obdachlos in der Schweiz
Obdachlos in der Schweiz

Francine – aus dem Ausland zurückgekehrt, kein fester Wohnsitz, kein Platz in Notunterkunft, Rechtsfall mit Erbschaft.

Das sagt die Forschung:

Wenn finanzielle Schwierigkeiten gross sind, Erwerbsarbeit fehlt und wenige Möglichkeiten bestehen, bei Verwandten oder Freundinnen und Freunden unterzukommen, gestaltet sich die Suche nach einer Wohnung selbst für Schweizerinnen und Schweizer, die aus dem Ausland zurückkehren, als schwierig. Das Beispiel von Francine weist darauf hin, dass der Bezug einer Notschlafstelle nicht selbstverständlich möglich ist.

Je nach Region unterscheiden sich die Notunterkünfte sowohl hinsichtlich ihrer Zugangsvoraussetzungen (z.B.: Preis für die Übernachtung, bürokratischer Aufwand) und ihrer Auslastung. Die von der Hochschule Soziale Arbeit FHNW durchgeführte SNF-Studie zur Obdachlosigkeit kommt zum Ergebnis, dass die staatlichen wie auch nicht staatlichen Notschlafstellen in Genf und Lausanne niederschwelliger aber dafür ausgelasteter sind als z.B. in Basel, St. Gallen und Luzern. Der Fall von Francine regt an darüber nachzudenken, ob Notschlafstellen gendersensibel ausgestaltet sind. Zudem stellt sich die Frage, inwieweit durch die Corona-Pandemie Unterkünfte knapp wurden und andere Übernachtungen z.B. Hotels und Pensionen organisiert werden konnten.

Obdachlos in der Schweiz – Symbolbild
Obdachlos in der Schweiz – Symbolbild

Yannick – mehrfach drogenabhängig, psychische Probleme, entscheidet sich auf der Strasse zu schlafen, steht unter Kuratel.

Das sagt die Forschung:

Der nationale wie auch internationale Forschungsstand weist seit längerem auf die Wechselwirkungen zwischen Sucht, psychischer Erkrankung und Obdachlosigkeit hin. Wobei Suchtabhängigkeit und psychische Erkrankungen sowohl eine Ursache als auch eine Folge der Obdachlosigkeit darstellen können. Die aus der Suchtabhängigkeit hervorgehenden körperlichen und psychischen Probleme- können eine Aufgabe der Wohnung oder eine Verfestigung der Obdachlosigkeit erklären.

Ebenso stellt das Leben auf der Gasse in vielerlei Hinsicht eine physische und psychische Belastung dar. Vereinsamung, Furcht vor rechtlichen Sanktionen aufgrund des Kaufs oder Konsums von Drogen oder die mit der Suchtabhängigkeit in Zusammenhang stehende sogenannte Beschaffungskriminalität und soziale Marginalisierung sowie Stigmatisierung werden als weitere Folgen dieser schwierigen Lebensumstände genannt.

Spaziergang mit Hund am See
Spaziergang mit Hund am See

Andrey – arbeitssuchend, lebt mit Hund in einem Zelt, lebt von dem was er bekommt, sportlich, gut organisiert.

Das sagt die Forschung:

Auf der Suche nach Arbeit und besseren Lebensbedingungen zieht es viele Menschen in die Schweiz. Finden sie dort, wie im Fall von Andrey, keine Beschäftigung, verschlechtert sich nicht nur die finanzielle Situation: Ohne Erwerbsarbeit erschwert sich für Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz die Möglichkeit, den Aufenthalt verlängert zu bekommen. In der von der Hochschule Soziale Arbeit FHNW durchgeführten SNF-Studie zur Obdachlosigkeit waren 73 Prozent aller obdachlosen Menschen mit nicht-schweizerischer Staatsangehörigkeit ohne gültige Aufenthaltspapiere.

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